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Zum “König von Köln”

Ich kann es kurz machen. In der Kritik bin ich nah bei Oliver Jungen/FAZ. Die Kritik an der Kölsch-Aussprache von Joachim Krol finde ich ungerecht. Das liegt daran, dass ich so einer bin wie er: aus dem Ruhrgebiet eingewandert, und lebenslang gutwillig assimilationsinteressiert. Mich z.B. hat nie eine*r bestochen, obwohl ich immer wieder öffentlich betont habe, dass ich bestechlich bin. Was habe ich nur falsch gemacht? Die Eingeborenen brauchen noch ein paar Jahrzehnte, um uns als gleichberechtigt zu respektieren. An Krol war allenfalls kritisierenswert, dass er seine Schauspielkolleg*inn/en unverhältnismässig und ein bisschen unsolidarisch an die Wand spielt. Ausser Rainer Bock, der den Asch spielt. Hier fällt nur auf, vor allem beim Dranbleiben an der anschliessenden Dokumentation von Gritschneder/Wellmann (der Spielfilm hatte mässige 3,7 Mio. Zuschauer*innen, die Doku danach immerhin 3,1, für letzteres ein starker Wert), dass der “echte” Esch entschieden stiernackiger und vierschrötiger aussieht, und bei Bock wesentlich sympathischer geriet als im wahren Leben. Das ist auch Drehbuch und Regie zuzuschreiben, die ihre Sympathie für den neureichen Aufsteiger gegenüber dem durch jahrhundertelange soziale Inzucht degenerierten Adels- und High-Society-Pack kaum verbergen wollten.
Kaum überrascht blieb ich mit der Erkenntnis zurück, dass sowohl Spielfilm als auch Doku auf eine Ausleuchtung der Rolle der Kölner Medien verzichteten. Schliesslich gehören sie selbst dazu. Der verstorbene Verlagszar Alfred Neven DuMont war wenigstens in der Doku gut in Bildern zu erkennen, ohne dass der KommentARTExt ihm Aufmerksamkeit widmete. Wider besseres Wissen verfolgt die Führung des WDR gegenüber anderen Medien eine Politik der friedlichen Koexistenz. Die alten Oligarch*inn*enmedien dagegen, ökonomisch dem Untergang geweiht, wollen wenigstens die öffentlich-rechtliche Konkurrenz beim Abgang in die Hölle der Bedeutungslosigkeit mitziehen – klassische eliminatorische Mentalität der deutschen Rechten.
Die entdecken Sie auch im Film. Wenn Sie zu den 80 Mio. gehören, die ihn nicht gesehen haben: holen Sie es nach. Er ist kein geschichtemachendes Meisterwerk, sondern “nur” solide, gute Unterhaltung. Er ragt deswegen heraus, weil das so selten geworden ist.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Der Maschinist

    Also Joachim Krol darf bei mir alles, sogar Kölsch sprechen… Das war schon ziemlich groß! Zustimmung Martin!

    Von der Storyline mal abgesehen, hat der Film aber auch atmosphärisch funktioniert – ausser dem Düsseldorfer Kennzeichen auf dem Renault Kangoo des Andrea Di Carlo (Klasse gespielt von Serkan Kaya!) – hat die Produktion das richtig gut gemacht. Ich fand die Gelegenheit Jörg Hartmann mal jenseits von “Dortmund” spielen zu sehen auch durchaus reizvoll, wenn auch sein Job eher nur eine “Nebenrolle” im Film war. Da wäre mehr gegangen, in der Tat wäre Middelhoff auch mehr als abendfüllendes Material für den WDR (Serienstoff!)… und dabei könnten die auch mal was für Ostwestfalen tun. (Auch wenn’s furchtbar iss… ett geht!)

    Vor allem aber hat es mir der Soundtrack angetan! Das war schon wie ein Testament des großen Kölners Tommy Engel angelegt… RIchtig großartig!

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