Zur Rettung der Demokratie in Ungarn und Polen
Nicht erst mit seinem Notstandsgesetz zur Selbstermächtigung verstößt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban gegen die rechtlich verbindlichen Bestimmungen des EU-Vertrages zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Menschenrechten, und damit gegen den Kern der gerne beschworenen „europäischen Wertemeinschaft“. Verletzt haben Orban und die von ihm geführte Fidesz-Partei diese europäischen Verträge und Werte bereits mit der verächtlichen Ablehnung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes im Jahre 2017 sowie mit ihrer üblen antisemitischen Kampagne gegen George Soros, der in der aktuellen Coronakrise von der Budapester Regierungspropaganda erneut als „Volksfeind“ diffamiert wird.
Die EU muß jetzt endlich alle verfügbaren Mittel einsetzen, um die endgültige Beerdigung der Demokratie in Ungarn zu verhindern. Sie hat auch eine Verantwortung, die Bürger*innen Ungarns vor der eigenen Regierung zu schützen. Vorrangig wären eine rasche Klage der Brüsseler Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Orbans „Ermächtigungsgesetz“ sowie die Suspendierung der grosszügigen EU-Strukturhilfen und Subventionen an Budapest. CDU/CSU und die anderen Mitgliedsparteien der Europäischen Volkspartei müssen die Fidesz endlich aus ihren Reihen ausschließen.
Möglich, daß sich die Regierung Orban unter wachsendem Druck der EU zunächst noch stärker als bislang schon Richtung Moskau orientiert. Das ist ein Dilemma für die EU, genauso wie die Tatsache, daß die Administration in Washington in ihrem Bestreben, die EU durch Spaltung zu schwächen, mit einer Regierung in Polen kooperiert, die in ähnlicher Weise gegen die europäischen Verträge und Werte verstößt, wie Orban.
Doch die Autokraten in Budapest und Warschau weiter gewähren zu lassen beim Umbau ihrer Länder in eine quasi-Diktatur a la der Türkei unter Erdogan wäre das größere Übel. Denn dann würden auch in den bislang noch als gefestigt geltenden Demokratien Europas die Feinde von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und universell gültigen Menschenrechten – wie die AfD in Deutschland – weiter gestärkt.
Dieser Beitrag erscheint auch bei taz.de.
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