… oder ein lebenswertes Leben?
von Katika Kühnreich

In einer Zeit, in der die meisten von uns durch die Ereignisse und die Berichterstattung der Corona-Epidemie entwurzelt und durch immer neue Nachrichten ständig hin und her geweht werden, wie ein Blättersturm im Herbst, fehlen oft die Zeiträume, in denen überlegt werden kann.

Denn was der Sturm gerade freilegt, sind die ideologischen Knochen unserer Gesellschaft und derjenigen, die Politik und Wirtschaft bestimmen. Aber der Sturm bietet auch die Möglichkeit, Fragen nach einer anderen Gesellschaft aufzuwerfen.

Gerade sprechen viele Menschen aus, was sie von der Gesellschaft, zu der auch die Alten und die gesundheitlich Schwächeren gehören, denken. Und sie sprechen auch darüber, in welchem Verhältnis sie Menschen und Wirtschaft bzw. das Wirtschaftssystem sehen.

Und gerade sprechen und schreiben auch Menschen in hohen, einflussreichen Positionen über diese Themen und das Zuhören lohnt sich. Im Angesicht dessen, dass es sich heraus kristallisiert, dass es mit dem aktuellen Virus nicht weitergehen kann, wie bisher, zeigt sich, wer bereit ist was und besonders wen oder was zu opfern.

Denn nicht wenige Menschen sprechen davon, dass es gut sei, wenn sich Teile der „Risikogruppe“ ansteckten, bis dahin, dass sich Großeltern für ihre Enkelinnen und Enkel opfern sollten oder die Aussagen des stellvertretenden Gouverneurs von Texas, Dan Patrick, der forderte, dass sich die Großelterngeneration zu opfern habe, um der Enkelgeneration ein intaktes Wirtschaftssystem zu hinterlassen. Dann zeigt es zum einen, dass sehr wenig über Krankheiten bekannt zu sein scheint – kein Virus verschont ein Enkelkind, weil es schon ein Großelternteil dahin gerafft hat. Zum anderen aber lebt ein neuer Sozialdarwinismus auf: Lasst das Virus die Schwachen, die Obdachlosen und die Alten nehmen, denn diese sind eh eine Belastung für unser Wirtschaftssystem, das auf einer Ideologie der Leistungsgesellschaft beruht. Sie sind wertlos. Es erinnert an die Zeit des deutschen Nationalsozialismus, als man Schulkinder ausrechnen ließ, wie viel Geld gespart werden kann, wenn man Behinderte ermordet.

Die Bilder im Kopf, die unser Bild der Gesellschaft und der Wirtschaft bestimmen

Diese Äußerungen zeigen aber auch, dass es an der Zeit ist, über Ideologien, Philosophien und zugrunde liegende Menschenbilder zu reden. Denn diese bestimmen, wie der Mensch, in dessen Kopf sie sind, die Welt sieht. Denke ich, dass der Mensch von Natur aus schlecht ist, dass, nach dem schottischen Philosophen Hobbes, der Mensch des Menschen Wolfe sei – [ok, da existiert neben dem Menschenbild auch noch ein schlechtes Wolfsbild, aber da führte nun zu weit…] – dann muss ich für eine funktionierende Gesellschaft in erster Linie aufpassen, dass die Menschen sich nicht permanent gegenseitig schädigen, das gleiche gilt für das Verhältnis zwischen Staaten. Bin ich dagegen davon überzeugt, dass Menschen von Natur aus gut sind und sozial für einander sorgen, werde ich einen anderen Gesellschaftsaufbau für notwendig und ein anderes Verhältnis zwischen Staaten für möglich halten. Das gleiche gilt für die Annahme, dass ein Mensch in seinen Handlungen zu guten und schlechten Taten neigt.

Nur wenigen scheint bekannt zu sein, auf welchen Denkmustern unser derzeitiges Wirtschaftssystem und auch das politische System beruhen.

Zur Zeit von großen Veränderungen, so wurde es zumindest in den Aufzeichnungen und Berichten überliefert, kam es oft zu den folgenden Reaktionen: Es wurde nach Mächtigen, nach alten oder neuen Autoritäten gesucht, die scheinbare Sicherheit boten; nach Göttinnen und Göttern, die erretten könnten, und nach Sündenböcken, die stellvertretend verfolgt werden konnten. Als Sündenböcke wurden die gesellschaftlich Schwachen oder nicht akzeptierten Gruppen genommen.

Und so scheint es ja auch heute zu laufen. Noch gibt es keine Verfolgungen von Gruppen in Form von Pogromen, jedenfalls nicht hier, aber die Tendenzen dazu sind in der Gesellschaft immer noch enthalten. Die letzten Pogrome in Deutschland sind noch nicht lange her.

Viele arten des Umgangs mit der Krise erinnert an religiöse Riten, in denen Opfer gefordert werden, jetzt sogar Menschenopfer. Denn wer davon spricht, dem Virus Menschen auszuliefern, fordert Menschenopfer. Wer fordert, dass es Alter, Behinderte und Kranke von dem Virus ausgemerzt werden können oder in der Behandlung schlechter gestellt werden soll, stellt sich in die Tradition des Sozialdarwinismus und der Euthanasie.

Das Heil wird heutzutage aber nicht nur in Riten, sondern zudem oft auch in der Technologie gesucht. In Apps, in künstlicher Intelligenz, in der Blockchain. Diese sollen die Erlösung bringen.

Doch welche Weltanschauungen stehen hinter diesen Technologien? Denn, anders als oft behauptet, sind Technologien nie neutral oder wertfrei. Sie wurden von Menschen entwickelt, die Vorstellungen von Gesellschaft und der Natur des Menschen hatten und diese Vorstellungen haben sich in ihren Entwicklungen niedergeschlagen.

Die Weltanschauung, die in den Köpfen von vielen der Obersten der Technologiebranche vorherrscht, und zwar egal ob in den USA oder in China, ist die Kybernetik. Selten wird von ihr gesprochen, 2018 habe ich versucht, für den FifF-Kongress eine Übersicht zu geben, auch im Hinblick auf die Entwicklungen der chinesischen Social Credit Systeme .

Andere Lehren aus der gleichen Misere – wie lang muss eine Produktionslinie sein?

Die Corona-Epidemie macht gerade deutlich, dass wir in einem hoch fragilen Wirtschaftssystem leben. In einem, in dem die Fäden der Produktionslinien wortwörtlich über die ganze Welt ausgedehnt wurden. In dem der Ausfall der Produktion in einer Region oder einem Land der Erde die Fabriken in tausenden Kilometer Entfernung stillstehen lässt. Ein Wirtschaftssystem, das zugleich mehr Ressourcen verschlingt als auf dem Planeten zur Verfügung stehen. Eine Art des Wirtschaftens, die weder umwelt- noch menschenfreundlich ist. Eine Wirtschaftsordnung, die nicht den Menschen, sondern ihren Namensgeber im Mittelpunkt hat: das Kapital.

Vielleicht wäre es an der Zeit, zu erkennen, was schon so lange gesagt wurde: Dass es von Anfang an klar war, dass es nicht ewig so weitergehen konnte. Wir leben auf einem Planeten, der nicht wächst, haben ihn aber mit einem Wirtschaftssystem überzogen, dass auf ständiges Wachstum ausgerichtet ist.

Und gleichfalls war vom Anfang des kapitalistischen Wirtschaftens war ersichtlich, dass es ein System mit nur wenigen Gewinnerinnen und Gewinnern ist. Und in dem es nicht um Freiheit oder Menschenrechte geht, sondern um das Vermehren von Geld. Sehr schön hat der kluge Georg Kreisler dies in seinem Lied „Meine Freiheit, deine Freiheit“ beschrieben.

Denn die Lieferketten wurden nicht auf immer entfernter liegende Regionen und Länder ausgedehnt, um von anderen zu lernen, einen internationalen kulturellen Austausch zu fördern oder breite Bevölkerungsschichten in den mittel- und nordeuropäischen Wintern eine reichhaltigere Ernährungspalette anbieten zu können, sondern, um den in den letzten Jahrhunderten erstarkten sozialen Vernetzungen in Form von Gewerkschaften zu umgehen, um Umweltschutzauflagen auszuweichen und um die eigene Gewinnspanne zu erhöhen.

Gleichzeitig haben wir mit den Fabriken viele Probleme exportiert; Unsere Flüsse sind in den letzten Jahrzehnten sauberer geworden, weil die in China und Bangladesch nun vergiftet sind.

Verpackung als Arbeitsplatzeinsparung

Unser Wirtschaftssystem zeigt sich sogar an der Art, wie wir die Ware in den Läden vorfinden. Nahezu egal, was es ist, die Ware ist verpackt. Um wenige Arbeitskräfte beschäftigen zu müssen, werden uns die Waren in kleinen Einwegverpackungen verkauft. Denn das bedeutet, dass kein Mensch im Laden benötigt wird, der uns die Menge, die wir benötigen, abpackt. In Verpackungen, die wir mitgebracht haben oder die mehrfach zu benutzen sind. Nein, wir sollen „spontan“ einkaufen. In Packungsgrößen und mit den Inhaltsstoffen, die die Industrie für richtig hält. Kurz vor Corona gab es, unter anderem durch Fridays for Future, viele Menschen, die weniger Verpackung forderten. Wahrscheinlich wird Corona bald bemüht, um mehr zu verpacken, wegen der Hygiene. Dabei könnte man diese doch auch mit Pfandgefäßen, die im Handel wieder abgegeben und professionell gesäubert werden, erreichen.

Gesellschaftliche Vernetzung

Wie sind wir in die Misere geraten? So in etwa wohl, wie die Maus in die Falle. Das Versprechen des Käses roch zu gut, als auf den Instinkt, nicht in die Falle zu laufen, zu hören. Das Käsewürfel-Versprechen des Kapitalismus ist, verkürzt gesagt, dass wir unsere Lebenszeit gegen Geld tauschen, um davon alles kaufen können, was wir möchten. Aber kann man alles kaufen, was wir wollen? Hat der Mensch nicht noch mehr Bedürfnisse, als Flachbildschirme zu besitzen?

Shut up and shop – Sicherheit statt Freiheit

Nie ist der Kapitalismus ohne Zwang ausgekommen und noch nie existierte er ohne Gegenwehr. Die Vernetzung in kämpfenden gesellschaftlichen Gruppen zwangen die jungen Nationalstaaten in den vergangenen zwei Jahrhunderten, die Wirtschaft etwas zu beschränken. Und schon immer wurden von den Gewinnern im Kapitalismus neue Wege erdacht, um Menschen durch den Kauf und Verbrauch von Waren, den Konsum, ruhigzustellen. Auf „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ im 19. Jahrhundert folgte „shut up and shop“ – sei ruhig und kauf ein, als die Devise des ausgehenden 20 Jahrhunderts. Das Versprechen von Bequemlichkeit, englisch convenience, und dasjenige, sich nicht mehr mit anderen einigen zu müssen, hat gesellschaftliches Verbünden, mit dem immer auch ein Einigwerden-müssen einher geht, als nicht mehr notwendig erscheinen lassen. Es hat uns zu Ansammlungen von Konsumentinnen und Konsumenten gemacht, statt solidarischen Gemeinschaften. Sicherheit wurde uns seit spätestens den 1970ern des vergangenen Jahrhunderts als begehrlicher dargestellt, als Freiheit, und die meisten von uns haben dies wohl auch geglaubt. Es gab ja auch leckere Käsewürfel dazu.

Every step you take, every move you make, I‘ll be watching you

Die zunehmende Technologisierung des 20. Jahrhunderts schuf zum einen die Massenmedien, die weite Teile der Bevölkerung passiv beschäftigten, die Menschen wie Neil Postman aufschreien ließen, zum anderen auch einen neuen Technikglauben, der schon früh von wachen Geistern wie Joseph Weizenbaum kritisiert und vor dessen Auswirkungen gewarnt wurde1.

Während Einkaufszentren und Supermärkte schon seit ihrem Aufkommen darauf hin designt wurden, dass wir möglichst viel Zeit und Geld in ihnen verlieren, trat mit der Entwicklung des kommerziellen Internets eine vollkommen neue Möglichkeit auf, uns als Kundinnen und Kunden kennenzulernen und zu beeinflussen. Denn, ohne dass es den meisten von uns bewusst wurde, waren plötzlich alle unsere Schritte nachvollziehbar. Bei jedem Spaziergang im Netz hinterlassen wir unglaublich gut auslesbar und speicherbare Spuren. Was wir im Internet machen, wird protokolliert und gespeichert. Unwissend ob der Konsequenzen geben wir unsere Fragen brav bei Google ein und unsere Wünsche bei Amazon oder Youporn.

Aber nicht nur diese Spuren werden uns zum Verhängnis, sondern auch all die angeblichen Gratisangebote. Seien es analoge (Payback) oder digitale (Facebook, Google, Alibaba und Co.). Sie sind bei weitem nicht nur darauf ausgerichtet, uns Werbung zu zeigen, sie sind darauf ausgerichtet, unser Verhalten zu ändern.

Wir sind im Internet oft so unbedarft aber auch genauso wenig selbstbestimmt wie eine Laborratte, die neugierig auf Knöpfchen drückt und sich freut, wenn es bunte Bilder gibt oder sie einen Keks oder Käsebrocken bekommt. Genauso wenig, wie die Laborratte aus Freundlichkeit in den interessanten Käfig gesetzt wurde, bekommen wir Gratisangebote und Gratisdienstleistungen im Internet.

Sag mir, was du möchtest und ich tue so, als würdest du es bekommen

Es sollte nicht verwundern, dass Facebook so viele Psychologinnen und Psychologen beschäftigt, auch andere Internetgiganten tun das, um bessere Wege zu finden, uns mit immer neuen Käsewürfeln in ihre Fallen zu locken oder uns für neue technologische Spielereien Tricks beizubringen wie der motivierten Laborratte.

Uns könnte und sollte vielleicht verwundern, dass Firmen wie Google oder Facebook, die von uns kein Geld für ihre Dienste verlangen, zu den reichsten und mächtigsten dieser Welt geworden sind. Daten sind Macht. Denn wenn wir im Internet einen Dienst gratis bekommen, der nicht von Ehrenamtlichen entwickelt und gepflegt wird, dann sind wir nicht die Person, die in der Metzgerei einkauft, sondern das Schwein. Denn auch das Schwein musste in seinem Leben nie für etwas zahlen. Der Stall war gratis, ebenso das Futter, die Medikamente und die Reise – gut, beim Schwein wird ja auch immer nur die Hinreise nötig. Im Schlachthof ist die Reise dann zu Ende und dann passiert dem Schweinchen dass, was die großen und kleinen Internetfirmen mit uns tun: Wir werden kategorisiert und nach unserer Wertigkeit für diese Firmen zerteilt und verkauft. Sie suchen nach Konsumentinnen und Konsumenten eines gewissen Alters und in einem bestimmten Teil der Erde? Fragen Sie Facebook, denen haben wir genügend Daten zur Verfügung gestellt, dass sie uns punktgenau verkaufen können, wie Shoshana Zuboff ihn ihrem Buch über den Überwachungskapitalismus nachzeichnet2. Und dass diese Kategorien bei weitem nicht nur zutreffen müssen, sondern uns auch zum Verhängnis werden können, hat der deutsche Philosoph Marc-Uwe Kling unter dem Begriff „Peters Problem“ einem breiten Publikum verständlich gemacht3.

Die Macht der vernetzten Konzerne und die Corona-App

Nun, in der Krise, stehen Staaten und Konzernen durch die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, keine gut organisierten, vernetzten gesellschaftlichen Gruppen gegenüber, sondern vereinzelte Grüppchen und Personen. Wir haben Versicherungen abgeschlossen und vielleicht hunderte von Facebook-Kontakten, aber oft niemanden mehr, der uns eine Suppe kocht, wenn wir krank sind. Vielleicht geht uns ja nun auf, dass das, was uns im Kapitalismus als „Individualisierung“ und einziger Weg zum Glück versprochen wurde, eine soziale Vereinzelung ist.

Wenn wir uns mit anderen in Interessengruppen zusammenfinden, kann dieses Miteinander mitunter sehr anstrengend sein, genau wie in Familien, Wohngruppen und anderen Zusammenkünften von Menschen. Anders als im „Selfie“ stehen wir nicht im Mittelpunkt, sondern müssen uns mit anderen und deren Wünschen und Vorstellungen arrangieren. Aber die Gemeinschaft kann auch Halt geben, Schutz und Geborgenheit.

Jetzt, in der Krise, zeigen die Konzerne, die unsere Daten gesammelt haben, was sie können und was im weit herrschenden Glauben an und im Vertrauen in digitale Daten möglich ist: Nicht wir als Teile der Gesellschaft, entscheiden, was mit unseren Daten in einer Corona-App geschieht oder gewählte Vertreterinnen und Vertreter, sondern die Firmen, die über die Daten und Betriebssysteme unserer Maschinen herrschen. Wie Linus Neumann vom Chaos Computer Club in der Wirtschaftswoche sagte, bestimmen nun Apple und Google, die Anbieter der am weitesten verbreiteten „Smartphone“ Betriebssysteme iOS und Android. Sie setzen die technischen Rahmenbedingungen für den Datenaustausch über diese Betriebssysteme und bestimmen so, wie unsere Gesundheitsdaten behandelt werden.

Jede Krise ist eine neue Chance – wenn wir sie nutzen

Krisen wurden weltweit immer gern von den mächtigen Instanzen dafür genutzt, ihre Macht auszubauen, neue Standards zu setzen und Gesellschaften im allgemeinen zu disziplinieren. Gerne auch über wiederbelebte Feindbilder. Das funktioniert aber nur, wenn wir mitmachen. Keine Diktatur hat bisher mit nur einem Diktator funktioniert. Jede Diktatur braucht Tausende, die mitmachen.

Vielleicht ist der Traum des Kapitalismus zu Ende geträumt. Aber für die meisten Menschen waren die Auswirkungen bisher eh eher albtraumhaft, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Natur. Ein Schritt in eine unbestimmte Zukunft ist immer beängstigend, wer anderes behauptet, hat entweder ein schlechtes Gedächtnis oder es noch nie probiert – aber so, wie es bisher lief, sollte es vielleicht nicht weiter gehen.

Menschen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass es unsere Unterschiedlichkeit ist, die es uns ermöglicht hat, uns über den ganzen Planeten zu verbreiten. Und dass solidarische Gemeinschaften viele Krisen überleben können.

Wir leben gerade in einer Zeit, in der es mehr Fragen als Antworten gibt. Vielleicht können wir das ja akzeptieren und uns den Satz der zapatistischen Bewegung zum Vorbild nehmen: „Fragend schreiten wir voran“.

Und statt uns an digitale Zügel nehmen zu lassen, um in eine unklare „Sicherheit“ autoritärer Systeme geführt oder wie ein leichtsinniges Mäuschen durch duftende Käsewürfel in Fallen gelockt zu werden, könnten wir uns auch darauf verständigen, aus den alten Fehlern zu lernen und eine neue, regenerative Gesellschaft aufzubauen. Wir können uns entscheiden, ob wir wie ein Mastschweinchen leben wollen – gefüttert, aber gestresst und mit einem klar absehbaren Ende, ob als dressierte Versuchsratte eines Internetgiganten oder ab wir sagen, dass wir lieber unbekannte Wege einschlagen.

Die Aussicht, in einem System leben können, dass den Menschen und den Planeten, der unsere Lebensgrundlage bildet, wertschätzt und erhält, sollte es uns vielleicht wert sein.

—– Nachsatz: Die Autorin dieses Essays arbeitet gerade an einem Buch über digitalisierte Kontrolle und den Möglichkeiten eines anderen Lebens. Durch Spenden kann sie in ihrer Arbeit und ihrem Dasein unterstützt werden.
Fussnoten:

1Joseph Weizenbaum und Joseph Weizenbaum, Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft, Sonderausg. zum 30jährigen Bestehen der Reihe Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2003).

2Shoshana Zuboff, Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, übers. von Bernhard Schmid, 1. Auflage (Frankfurt New York: Campus, 2018).

3Marc-Uwe Kling, QualityLand: Roman (Berlin: Ullstein, 2017).

Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus dem Blog der Autorin, mit ihrer freundlichen Genehmigung.

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