Etwas unmotiviert schien das Lippstädter Rotbäckchen kürzlich auf den DFB-Präsidenten Fritz Keller losgegangen zu sein. Die Fußballmedien schienen sich davon gut unterhalten zu fühlen – auf’m Platz is ja nix los. Die Sache könnte einen Grund haben, über den die feinen Herren nicht so gerne öffentlich sprechen.
Thomas Kistner/SZ berichtete im DLF in einer Kurzfassung, und in dem Medium, das sein Hauptsponsor ist, der SZ zusammen mit seinem Kollegen Johannes Aumüller in einer ausführlichen Fassung. Nachdem das Ermittlungsverfahren in der Schweiz wg. Verjährung erwartet verstorben ist, will die heutige DFB-Führung doch genauer wissen, was ihre Vorgänger im einzelnen verbrochen haben. Mann weiss ja nie, welcher Verwesungsgeruch von den vielen Leichen im Keller noch ausgehen kann.
In den Ermittlungen spielt das Unternehmen Infront eine wichtige Rolle. Es war einst aus der Konkursmasse des Kirch-Konzerns hervor- und dann an die (verstorbene) Schlüsselfigur der Sommermärchen2006-Affäre Robert Louis-Dreyfus übergegangen.
Niemand weiss, wie das Business nach der Corona-Krise weiterläuft. Die Unsicherheiten sind gross, auch bei den Superreichen. Infront war vor einigen Jahren in chinesischen Besitz gewechselt. Das könnte Beisshemmungen, die der DFB einst hatte, abgebaut haben. Der Fußballkonzern im süddeutschen Raum bedient den chinesischen Markt dagegen ähnlich wie die deutschen Autokonzerne. Er dürfte nicht amüsiert sein, wenn die noch amtsjunge DFB-Führung diese Beziehung stört.
Ein leitender Angestellter von Infront war Günter Netzer, der grösste Fußballer seiner Zeit, der den grösseren Teil seines Vermögens aber erst nach seiner Sportlerkarriere gemacht haben dürfte.
Seinen Berufskollegen Franz Beckenbauer hat die Affäre bereits fast ins Grab gebracht. Beckenbauer hat immer machen lassen: seine dubiosen Manager Robert Schwan und danach Fedor Radmann. Er wollte vermutlich möglichst wenig wissen, und wurde dann entsprechend kalt von den bösen Fakten erwischt. Netzer ist ein anderer Typ. Er war sein eigener Berater, ein mit allen Wassern gewaschener und geübter Manager und, wie sich auch Mafiosi selbstbezeichnen würden, “Geschäftsmann”. Entsprechend cooler und körperlich wohlbehaltener ist er bisher durch die gleiche Story durchgekommen.
Wird das so bleiben? Immerhin ist es jetzt auch ein alter Mann. Im Zweifelsfall muss er sich halt auch eine Krankheit nehmen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net