Soll Fridays For Future jetzt auch noch einen Kanzler Söder verhindern?
Mir wird es langsam ärgerlich. Der gute Beobachter und scharfe Analytiker Albrecht von Lucke/Blätter schreibt ein weiteres Mal die bereits gegenwärtige Unmöglichkeit von Grün-Rot-Rot herbei, wünscht nebenbei einen weiteren Sieg der SPD-Rechten innerhalb ihrer Partei, weil nur das die “Mitte” überzeugen könne. Und weil er selbst keine eigene strategische Idee mehr hat, fantasiert er der Fridays For Future-Bewegung die Aufgabe zu, die logische Folge seiner eigenen Gedankengänge, einen Bundeskanzler Markus Söder zu verhindern. Bei Lucke ein persönlicher intellektueller Saisonverlauf, der stark an Tönnies’ Schalke 04 erinnert.
Richtig sind seine folgenden Feststellungen: es gibt bei keiner Partei von Grün-Rot-Rot ein geschäftsfähiges strategisches Zentrum. Wenn es bei den Grünen doch eins geben sollte, ist es eins, das Schwarz-Grün anstrebt, um auf jeden Fall dabei zu sein, und Grün-Rot-Rot aktiv zu bekämpfen, weil es, wie Lucke selbst jüngst herbeigeschrieben hat, viel zu riskant wäre.
Richtig ist ausserdem Luckes analytische Verbindung von Coronakrise und Klimakrise, die von fast allen herrschenden Kräften hierzulande ignoriert, überwiegend sogar aktiv weglobbyiert wird. Die aktuellen Regierungsparteien lassen das beliebig mit sich machen; die Grünen stehen mit offenem Mund davor, wie das Kaninchen vor der Schlange, und glauben, am Ende kampflos unter der Türritze hindurch darauf Einfluss nehmen zu können.
Nachdem Lucke also zutreffend die potenziell oppositionellen Parteien in Grund und Boden analysiert hat, und ihnen gute strategische Ratschläge erspart (schlechte dagegen nicht, die vor allem an die SPD), projiziert er dann seine Überreste an Hoffnung ausnahmslos auf die zweifellos verdienstvolle Fridays For Future Bewegung.
Abgesehen davon, dass es auch in deren Reihen nicht wenige gibt, die die Bewegung – das sieht nicht schön aus, ist aber auch nicht illegitim – als Sprungbrett für eigene Karrierepläne zu nutzen versuchen, ist es noch nie eine gute Idee gewesen, gesellschaftlich starke soziale Bewegungen für parteistrategische Absichten instrumentalisieren zu wollen. Die Jugendlichen wären besser beraten, wenn sie Fehler des Datensammelunternehmens Campact vermeiden, und sich aus derart kurzsichtigen taktischen Ränkespielen fernhalten. Lucke beschreibt schliesslich zutreffend, aus wieviel volatilem Flugsand heute alle Parteien bestehen. Der Blick einer Klimabewegung muss weit darüber hinausreichen.
Wie es gut läuft, ist derzeit in der Gesellschaft der USA zu beobachten. Die radikale Linke innerhalb der US-Demokraten ist trotz Bernie Sanders’ Vorwahlniederlage am Leben geblieben, und gräbt den etablierten Rechten weiter beharrlich das Wasser ab.
Umgekehrt dagegen mögen die entwicklungspolitischen NGOs, die sich vom schlauen CSU-Minister Müller tödlich umarmen lassen, der Klimabewegung ein warnendes Beispiel sein, was sie nie mit sich machen lassen sollte.
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