Die Katastrophe von Beirut drängt zahlreiche mitverantwortliche Akteurinnen und Akteure dazu, hektisch an ihrem eigenen Öffentlichkeitsbild herumzukorrigieren. Deutschland hat scheinbar mit alldem nichts zu tun, und sammelt nun warmherzig Spenden für Hilfslieferungen und -kräfte. Als Ursache werden in hiesigen Medien die Schlüsselbegriffe maroder Frachter – Georgien – Mosambik genannt. Sie transportieren in die Hirne: schlimmschlimm, weit weg. Es wird Ländern und Mächten auf die Füsse getreten, die wenig mächtig sind, und nur äusserst geringfügige deutsche Interessen tangieren. Die Spitze dieses Rennens hat Emmanuel Macron erobert, der in Beirut eine tolle hochprofessionelle Grossmachtsshow abzog, als wollte er den Eindruck erwecken, mit den verantwortlichen Mächten im Libanon überhaupt nichts zu tun zu haben.
Berichte und Kommentare von Karim El-Gawhary/taz, Christoph Ehrhardt und Christian Schubert/FAZ, und Thomas Pany/telepolis.
Bezos
Jeff Bezos ist mal wieder verhaltensauffällig. Er macht einen Satz seiner Amazon-Aktien zu flüssigem Geld. Das legt die Frage nahe, was er in naher Zukunft befürchtet. Denn wer weiss mehr über diesen gewerkschafts- und städtefeindlichen Laden als er selbst? FAZ-Korrespondent Roland Lindner rühmt pflichtgemäss die spendable Mildtätigkeit des Herrn Milliardärs, und seiner Ex-Gattin (Rang 13 der Superreichen). So sollen wir uns den digitalen Feudalismus der nahen Zukunft vorstellen. Mr. Bezos kann es sich sogar leisten, den “mächtigsten Mann der Welt” mitten in seinem Wiederwahlkampf offen zu brüskieren, und sich mit den kommunistischen chinesischen Unholden von TikTok zu verbrüdern. Der traut sich was? Nee, kratzt ihn nicht wirklich. Geschäft ist Geschäft. Kriminell und legal ist immer eine Frage der Definition. Politik.
Medienkrise, aktuelle
Meredith Haaf gehört zu den Verstärkungen, die sich die SZ in jüngster Zeit gönnte. Die aktuelle Krise alter Medien hat sie verstanden – naja, sie hat ja jetzt auch einen Innenblick in die SZ-Redaktion hinein. Nur ihrer Begrifflichkeit einer “digitalen Gegenwelt in den sozialen Medien” würde ich widersprechen. Es ist keine Gegenwelt, sondern genauso durch grosses Kapital und staatliche Einmischung vermachtet wie die alte Welt. Es sind halt nur andere, clevere, längst mächtigere, konkurrierende Kapitalgruppen. An deren Macht und ihrer Ausübung in ihren Medien ist im übrigen, eine nicht mehr sehr frische Erkenntnis, überhaupt gar nichts “sozial”.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net