Geht es zuende? Ich glaube nicht. Systemapokalyptiker, mehrheitlich Männer, gibt es immer weit zahlreicher, als Systemabstürze. Widersprüche, Gegensätze, gibt es mehr als genug. In diesen Tagen brechen viele weitere auf. Das Medienecho auf den zweiten Lockdown ist weit schlechter als beim ersten. Das liegt an durchschaubaren Interessen. Was mich z.B. täglich aus den “Presseschauen” des DLF beschallt, ist niedergehende Medienmacht auf bedrucktem Papier. Also eine aussterbende Art. Von dort kommt Gegenwind.
Die weniger als ein Dutzend deutschen Zeitungsmilliardär*inn*e*n sind über ihre Umsatzverluste nicht amüsiert – weniger Anzeigen, weniger Verkäufe, es geht abwärts. Wenn diese Organe nun gegen Merkels Coronapolitik blasen, stabilisieren sie ihren Anhang in der Bevölkerungsmehrheit (vergleichbar Brandt/Scheel in den 70ern), destabilisieren “lediglich” die Hintergrundunterstützung durch die gesellschaftlich Mächtigen und Lautstarken. Gastronomie- und Veranstaltungswerbung – Totalausfall. Berichte darüber ebenfalls. Die ökonomischen Interessen dahinter sind gross. Es waren Wachstumsbranchen, vor Corona. Friedrich Merz macht sich zu ihrem Sprachrohr, und zieht damit locker an dem Zwerg Christian Lindner und seinem – nicht doofen! – Büchsenspanner Kubicki vorbei. Merz ist kein schmerzfreier Egomane (obwohl: das vielleicht auch). Er wird von Kräften angetrieben, die froh sind, einen Doofen gefunden zu haben, der sich in den Wind stellt. Kanzler wird er so nicht, aber ein unkontrollierbares Flugobjekt in der Polit-Atmosphäre, eine beständige Gefahrenquelle für Andere, geeignet Druck auszuüben. Allerdings: von einer Trump-Kopie träumt er allenfalls, wenn er von Nichts im wahren Leben mehr eine Ahnung hat.
Platz wird ihm leider genug gelassen. Eine linke Konkurrenz in Spektrum der nun – auch in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit – wachsenden Coronapolitik-Kritik fällt aus. Publizistisch füllen die Kollegen bei telepolis die Lücke, hier Florian Rötzer, hier Christof Kuhbandner, für die es aber politisch kein organisiertes Subjekt gibt, nirgends.
Herrscher, die Meinungsverschiedenheiten religiös aufladen, sind Schwächlinge
Taumelnde Regenten wie Macron und Erdogan heizen, als soll bald wieder 30-jähriger Krieg werden, einen virtuellen Religionskonflikt an – beide würden eine Wahl in ihrem Land, gegen wen auch immer, krachend verlieren, und versuchen am ungeeignetsten aller Gegenstände Halt zu finden. Das ist leider viel gefährlicher als ein bei Blackrock ausgemusterter Frühstücksdirektor.
Albrecht von Lucke träumt von den USA
Das grösste Risiko lauert wie immer in den USA. Albrecht von Lucke/Blätter überrascht heute mit einer fast pubertären Fantasie: “Doch immerhin gäbe es mit Biden, auch aufgrund dessen starker Prägung als langjähriger Außenpolitiker, eine reelle Chance dafür, dass die Vereinigten Staaten an der Seite der Europäer zum Projekt des Westens und zur Vision einer universalistisch orientierten Wertegemeinschaft zurückkehren.” Welche “Europäer” meint er, welches “Projekt des Westens”? Klar, wer keinen Mut zum Träumen hat … Dazu habe ich in seiner Zeitschrift schon seriösere materialistischere Analysen gelesen. So eine erschien dieses Mal bei DLF-Kultur von Torben Lütjen. Und die hohe Berliner Realo-Schule finden Sie hier.
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