zerlegt die Partei “Die Linke”, u.U.
Wenn ich richtig lese, zerlegt sich die anspruchsvoll sich selbst “Die Linke” nennende Partei an dem Scheinwiderspruch “Identitätspolitik versus Klassenpolitik”. Wie es sich für ein deutsche Partei im deutschen parlamentarischen System gehört, führt sie darüber keinen öffentlich Aufmerksamkeit erobernden Diskurs, sondern instrumentalisiert das Thema für den innerparteilichen Machtkampf, der ausserhalb ihrer selbst kaum jemand interessiert. Dieser Machtkampf wird derzeit, wie in jeder Partei von den anstehenden Kandidat*inn*en-Nominierungen für die kommende Bundestagswahl dominiert.
Sachdebatte ist unter solchen Umständen nicht möglich. Ein inhaltlicher Streit, eine öffentlich ausgetragene Kontroverse könnte für eine Partei identitätsstiftend und für die Öffentlichkeit vorwärtstreibend sein. Wenn jedoch Rudelführer*innen darüber ihre Delegiertenherden mobilisieren müssen, ist das faktisch ausgeschlossen, jedenfalls unter den heute herrschenden Bedingungen deutscher Parteipolitik.
Extradienst-Gastautor Matthias W. Birkwald wünsche ich unter diesen Umständen viel Glück. Ich weiss gar nicht, ob er es noch mal versucht. Beim letzten Mal eroberte er Platz 2 der NRW-Landesliste. Er hat sich um meine Rente verdient gemacht.
Christian Baron/Freitag meint, die Linke spreche die falsche Sprache. Das ist einerseits richtig, andererseits aber auch allzu vordergründig. Im Kern ist der Inhalt der Politik unklar.
Zur Kontroverse um die Friedens- und Aussenpolitik, bei der wahrlich ein grosser linker Reformbedarf besteht, kommentiert Ex-MdB Paul Schäfer/taz. Paul kenne ich seit den 80er Jahren als Mitmieter im Haus der damaligen Jungdemokraten-Bundesgeschäftsstelle in der Reuterstrasse (Informationsstelle Wissenschaft & Frieden, damals ein zarter Versuch der Entdogmatisierung der DKP-Friedenspolitik). Als gewählter Bonner MdB war er, auch für unsere heutige OB und damalige MdB Katja Dörner, immer ein satisfaktionsfähiger Partner. Und ausserdem kennt er sich musikalisch, literarisch und politisch fast so gut mit Woody Guthrie aus, wie mein Nachbar und Guthrie-Schwiegersohn Michael Kleff (z.Z. NYC). Also kurz: der Paul ist ok.
Zum Kern der politischen Unklarheit in der Partei “Die Linke” stösst der alte Georg Auernheimer/Junge Welt vor: “Kampf um Anerkennung – Gleichheit in Vielfalt oder: Was ist Identitätspolitik? Eine Angelegenheit auch für Linke?”. Der schreibt zwar, mglw. zum Unwillen von Christian Baron, in Wissenschafts-Sprech. Das Problem ist, dass nicht nur diese Sprache, sondern noch mehr dieses Denken den heutigen Resten an Parteimitgliedern fremd ist. Es ist für Instrumentalisierung im Landeslistenkampf nicht geeignet, und wird darum gar nicht verstanden. Und zwar nicht wegen der Sprache.
Diese Unklarheit im – öffentlichen – Denken bringt “Die Linke” nun in Lebensgefahr.
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