Erscheinungstag Samstag sorgt auch nicht für mehr Aktualität / Eine aktuelle Empfehlung zum Autonomen Fahren
Ich habe vergessen, wann es war, dass der Spiegel seinen Erscheinungstag von Montag auf Samstag verlegt hat. Das basierte wohl auf “Forschungen”, dass die meisten Menschen am Wochenende mehr Zeit zum Lesen hätten. Keine Ahnung, wie die da drauf gekommen sind. Dafür sind sie ja Wissenschaftler*innen. Früher, als ich den Spiegel als Freund des BND auch schon nicht kaufte, versuchte er mit angeblich recherchestarken Exklusiv-Storys publizistisch zu glänzen. Dass das auch nur heisse Luft war, merkte ich immer dann, wenn es sich um Angelegenheiten handelte, in denen ich persönlich engagiert war. Das Exklusive war immer der Spin, den der Spiegel der Sache gab. Heute nennen das alle “Fakenws” (z.B. in den 90ern ein angebliches “Auftrittsverbot” für Herrn Joseph Fischer durch die “linken” NRW-Grünen – da war jedes Wort frei erdichtet).
Nein so schlimm, war es nicht immer. Und ist es auch nicht. Aber manchmal ein bisschen spät. Ich habe innerlich schon immer Pendlerkolleg*inn*en ausgelacht, die noch mittwochs oder später in Spiegelhefte vertieft waren. Als wenn sie darauf noch was Neues erfahren könnten. Wie uninformiert kann mann sein, fragte ich mich. Das gilt im heutigen Onlinezeitalter sowieso.
Vor zwei Wochen war die Erstausstrahlung des Dokumentarfilms von Nicole Rosenbach “Warum Kinder keine Tyrannen sind” im mitternachtsnahen ARD-Programm. Der Sachverhalt selbst ist viele Jahre alt. Manche der von dem dort kritisierten Kinderpsychiater Michael Winterhoff “behandelten” Kinder sind heute junge Erwachsene. Über Jahrzehnte funktionierte dieses System aus Gesundheitsbürokratie und öffentlicher Jugendpflege ungestört von recherchierenden Medien. Und jetzt kommt der Spiegel um die Ecke? Ob er informativen Mehrwert bietet, bleibt meiner Meinungsbildung versperrt: Bezahlmauer.
Noch abgehangener ist die Spiegelstory über den mutmasslichen Selbstmord von Katarzyna (“Kasia”) Lenhardt. Darüber habe ich – und fast alle Medien – vor über einem halben Jahr geschrieben. Liefert der Spiegel hier informativen Mehrwert? Keine Ahnung, Bezahlmauer. Eine Mitautorin, Isabell Hülsen, in früheren Jahren bei der journalistisch hochwertigen aber betriebswirtschaftlich gescheiterten Financial Times Deutschland für Medienpolitik zuständig, dürfte die von mir genannten Fakten selbst kennen. Wurde das verarbeitet? Dafür müssen Sie dann den Spiegel kaufen. Ich verzichte.
Immerhin ist Sibylle Berg frei zugänglich, die sich für das “Peng!”-Künstlerkollektiv stark macht. Allerdings enthielt ihr Text keinen direkten Link zu der Gruppe. Wars der*die Justiziarin, die*der da reingegrätscht ist? Oder der BKA-Verbindungsoffizier?
Wirklich aktuell und relevant
Timo Daum/heise-online hat einen aktuellen hochwertigen Zweiteiler zum Stand des Autonomen Fahrens abgeliefert. Link zum ersten Teil hier entlang. Das habe ich mit Erkenntnisgewinn gelesen. Sehr empfehlenswert.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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