Schon lange klagen zahlreiche Medien. Über ihre sinkenden Profitraten, sinkende Verkaufsauflagen, furchtbar hohe Kosten, z.B. für Zeitungszusteller*innen. Und dass sie immer mehr beschimpft und angegriffen werden, ihren Fakten und Wahrheiten dagegen immer weniger Glauben geschenkt werde. Es ist – gefühlt – ein ewiger Klagegesang. Ich will darüber nicht richten. Ich klage selbst, und ziehe Konsequenzen.
Heute habe ich mich z.B. entschlossen, den Deutschlandfunk zu verlassen, seine aktuellen Programme morgens, mittags, abends und nachts (Ausnahme: die zum Glück noch existierenden Fachredaktionen und -magazine). Weil ich sie nicht mehr ertrage. Ich werde immer wütender, und fühle mich danach schlechter, insbesondere schlechter informiert. Die Mehrheit der Moderator*inn*en orientiert sich nicht an politischen Prozessen, ihrer Analyse und kritischen Vermittlung, sondern am Abfragen von Reflexen: ja oder nein, schwarz oder weiss, dafür oder dagegen, wer schlägt wen KO in der wievielten Runde, und wer hat dabei gut oder schlecht ausgesehen? Sie ignorieren die wachsende Kriegsgefahr in Europa; und wenn sie sie nicht ignorieren, ergötzen sie sich daran. Boah, so spektakulär, und das bei uns auf dem Sender. Nee danke.
Marktschreierei ist das Gegenteil von wirksamer Diplomatie, oder gar Vertrauensarbeit zwischen differierenden Interessen. Wollen demokratische Medien allen Ernstes ein natürlicher Feind davon sein/werden/bleiben? Max Eberl haben sie in diesen Tagen nicht wirklich zugehört. Politik ist wie der Fussball nur im Team erfolgreich. Ist es etwa Mediengesetz, das aufzuheben? Not in my name.
Im Staatsvertrag der 16 Bundesländer für das Deutschlandradio vom 7.11.2020 heisst es u.a.: “Die Angebote sollen eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern. … Sie soll dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinung anderer zu stärken. Die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten. … Die Angebote sollen dabei auch die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland fördern sowie der gesamtgesellschaftlichen Integration in Frieden und Freiheit und der Verständigung unter den Völkern dienen und auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken.”
Jede*r mag selbst entscheiden, inwiefern die angebotenen Inhalte diese gesetzlichen Anforderungen erfüllen. In einer “ARD-Deutschlandtrend”-Umfrage vor wenigen Tagen hiess es u.a.: “Zugleich spricht sich die Hälfte der Bundesbürger (51 Prozent) für ein Angebot von NATO-Sicherheitsgarantien an Russland aus.” Aus meiner Sicht ist das gemäss Staatsvertrag eine “sittliche Überzeugung”.
Bitte informieren Sie mich, wenn diese Anforderung sich in einem aktuellen Medienangebot wiederfindet. Dorthin wäre ich zur Rückkehr bereit.
Wie es gehen könnte? Ungefähr so: Stefan Heidenreich/Carta.info: Win-Win Lose-Lose – Über die kolonialen Vorläufer »wertegeleiteter« Außenpolitik, den fatalen Willen zu selbstzerstörerischen Sanktionen und die Hoffnungen auf Diplomatie”

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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