Ein fetter Lapsus und ein folgenreicher Ausstieg
Nur bei Küppi erfahre ich von der neuesten Sünde des grössten Dortmunder Fussballgottes auf Erden. Norbert Dickel, heute Stadionsprecher, der sich für seinen Verein zum Sportinvaliden gemacht hat, und seitdem (1989) von den BVB-Fans angebetet wird, verwechselte am Donnerstagabend die – am Ende 4:2 siegreichen – “Rangers” mit “Celtic”. Ob er sich der Tragweite bewusst war?
In Glasgow, je eingefleischter die Fans umso mehr, bilden die beiden Vereine den Nordirland-Konflikt zwischen Katholiken und Evangelischen ab. Wie werden sie sich im Rückspiel rächen? Irgendwas mit “FC Bayern”? Denn (Borussia) “Mönchengladbach” können sie zum Glück für den BVB auf der Insel nicht aussprechen.
Bedeutender für alle ausserhalb Dortmunds ist der Transfer von Anna Schudt. Sie hat sich im WDR-Dortmund-Tatort erschiessen lassen. Im Sinne von “Sag’ niemals nie” lässt sich in der Fiktion alles rekonstruieren. In digital eingemauerten Presseberichten lässt sich Frau Schudt so zitieren:
‟Im Gegensatz zum häufig angespannten Arbeitsklima in der Dortmunder Mordkommission fühlt sich jeder Dreh fast wie ein vertrautes Familientreffen an, … einen großen Platz in meinem Herzen eingenommen … Aber ich finde, dass es nach den 22 intensiven Einsätzen nun an der Zeit ist, Lebewohl zu sagen. Ich bin wahnsinnig stolz darauf, dass ich Teil dieses wunderbaren Teams sein durfte. …Für mich entsteht damit Raum für Neues, auf das ich mich sehr freue.”
Ich übersetze Ihnen das mal. Serien sind für Schauspieler*innen ambivalent. Stetiges Einkommen und soziale Sicherheit versus Festlegung auf ein Rollenklischee gleich künstlerisch riskante Sackgasse.
Der Dortmund-Tatort war von den drei WDR-Versionen (Münster, Köln) die interessanteste Story. In dem wenig harmonischen Ermittler*innen-Team steckte die grösste Dynamik – Köln und Münster bieten regelmässig Altbewährtes. Das liebt der Sender sehr, weil es fette Quoten (Dortmund gestern: 9,7 Mio.) und wenig Stress macht. Ärger hat – weit seltener als der in den 80ern sensationelle “Schimanski” – nur noch Dortmund gemacht.
Schon vor Anna Schudt hatte die in einer Nebenrolle eingeteilte Aylin Tezel Abschied genommen. Sie folgte den “Kölnerinnen” Anna Loos und Tessa Mittelstädt, für die der Sender und seine Autor*inn*en ebenfalls zuwenig Entwicklung angeboten hatten. Stefanie Reinsperger ist zwar ein schauspielerisch starker Ersatz, und vernünftigerweise absichtsvoll keine Kopie. Aber die Gruppendynamik hat sichtlich verloren. Die Autor*inn*en versuchten es durch dickes Auftragen dramatischer Privatkonflikte zu kompensieren – was in meinen Augen misslang. Überdosis.
Anna Schudt hat richtig entschieden. Jetzt bleibt nur die Frage, wie lange der nicht minder gebuchte Jörg Hartmann noch mitspielt.
Fazit: der Verein braucht eine bessere Strategie, wie er seine besten Spieler*innen halten kann. Es ist auch, aber nicht nur, eine Frage des Geldes. Daneben geht es um die Story und ihre Entwicklungsperspektiven. Sowas hat der WDR schon lange nicht mehr geliefert.
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