Jürgen Trittin lässt sich in Medieninterviews nicht hinter die Fichte führen, auch nicht von DLF-Rechtsausleger Christoph Heinemann. Die spektakulärste Stelle ist am Schluss, wo es um das “Sondervermögen” für die Aufrüstung geht. Trittin lässt zunächst die Luft raus, die von diversen Stellen, u.a. den meisten Medien und auch dem Bundeskanzler hineingeblasen wurde: “Wenn ich die Beschaffungsvorhaben nehme, die da sind, dann reden wir über einen zeitlichen Horizont von mehr als einem Jahrzehnt. Dann sind das zwischen fünf und 10 Milliarden jedes Jahr mehr, die über Kredite finanziert werden sollen.”
Trittin lässt sich von Heinemann nicht gegen Koalitionspartner in Stellung bringen. Das wäre unprofessionell von einem Regierungs-MdB. Aber er lässt es auch nicht an Deutlichkeit fehlen. Der “Sondervermögen”-Gig von Olaf Scholz war nicht anständig in der Koalition vorbereitet. Darüber muss abseits von Interviews zügig Tacheles diskutiert werden. Denn die Krise, die dafür als Ausrede dient, wird noch lange andauern. Unter solchen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger, als die Ampelkoalition.
Zum Thema dieser Krise entdeckte ich heute morgen zwei Texte, die mir sehr nahegingen bzw. -stehen: Robert Misik/taz gegen die Bescheidwisserei: “Fragen ohne Antworten”. Und Hanna Lakorny/Berliner Zeitung, eine bekennende Sexarbeiterin, die ihre Text schon vor knapp einer Woche schrieb: “Lob der Feigheit”. (Wenn dieser Text vom Verlag noch digital eingemauert werden sollte, melden Sie sich bei mir.)
Putsch beim DFB verdeckt: Das Geld fliesst nach oben
DLF-Redakteur Matthias Friebe, einer von den Guten, ist ein ausserordentlich kompetentes Sportgespräch gelungen (Audio 27 min): mit Jan Christian Müller/FR und Oliver Fritsch/Zeit. In der zweiten Halbzeit des Gesprächs wirft Fritsch das wichtigste Thema auf: den Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL. Er regelt den Rinnsal an Geldfluss von den Profis zu den Amateuren. Daran wird sich entscheiden, ob dem neuen DFB-Vorstand tatsächlich ein “Neuanfang” gelingt, oder ob es sich um ähnliche Versager*innen – ja, jetzt sind auch Frauen dabei, erstmals! 2022! – handelt, wie immer.
Publizistisch spektakulär ausserdem die Rückkehr von Jens Weinreich zur Berliner Zeitung. Er zieht den Vorhang zur Seite, hinter dem das Putinregime den Weltsport hörig gemacht hat. Kein Teufelswerk, nicht besonders schwierig, denn kapitalhörig war er ja schon.
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