Zunächst zur Oberfläche. Jüngst scheinen Umfragen veröffentlicht worden zu sein, wie ungewöhnlich beliebt die Minister*in Baerbock und Habeck sein sollen. In ihren Paywalls delektieren sich diverse Medien an ihrer “professionellen” Kommunikationsstrategie (FAZ und Spiegel z.B.). Es geht auch ohne Paywall, und sogar kritisch: bei Felix Klopotek/Jungle World. Stimmungsverdunkelnd bei meinen Freund*inn*e wirken Umfragen, die gleichen vermutlich, die besagen wollen, dass Grünen-Wähler*innen noch doller für mehr Waffenlieferungen an die Ukraine sein sollen, als die andern.
Zu solchen Veröffentlichungen von Marktforschungsunternehmen ist zunächst grundsätzlich zu sagen, dass die aus eigenem ökonomischem Interesse immer das liefern, was bei ihnen bestellt wird. Dass die Stimmung so ähnlich sein dürfte, bei allen von den Lieferanten selbst eingeräumten Schwankungsbreiten, will ich aber nicht ableugnen. Stimmung wird durch öffentliches Stimmeerheben, sowie seine professionelle mediale Verbreitung erzeugt. Stimmen, die dabei weggelassen werden, geraten dann in eine Stimmungsdefensive, die in der Regel zu Mobilisierugsschwäche führt. Und das ist exakt der strategische Zweck.
Schon Donald Trump wusste das, und gewann so eine Wahl. Verlor aber auch eine. Entscheidend ist nicht, eine imaginäre Mitte – mit Argumenten gar – zu überzeugen. Entscheidend ist, die mit den “richtigen” Meinungen und Überzeugungen stark und mutig zu machen. So tragen die zur Stimmung bei, beeinflussen sie mit. Und haben am Ende Motiv und Lust, an Wahlen und Abstimmungen auch teilzunehmen. Statt fernzubleiben, weil es sowieso “zwecklos” sei. So geht Strategie.
Wie komm’ ich drauf? Meine Stimmung.
Frankreich
Nächsten Sonntag ist in Frankreich Stichwahl um die Staatspräsidentschaft. Michaela Wiegel/FAZ, die in ihrer Redaktion nicht zu den reaktionären sondern den realistischen Kräften gehört, geht in einem Kommentar (Paywall) die Muffe: “Albtraum Le Pen”. “Als Präsidentin wäre sie die Vollstreckerin von Wladimir Putins Plan, die EU von innen zu zerstören.” Sarichdoch.
“Le Pen will gar nicht erst versuchen, Kompromisse mit Deutschland zu schließen.” Wie jetzt? Sind Kompromisse jetzt doch gut? Gehören sie jetzt zu “wertegeleiteter Aussenpolitik” oder nicht?
Und ein bisschen sehr spät die absolut berechtigte Warnung: “Macron hat davor gewarnt, dass ein Sieg Le Pens nicht unmöglich sei. Berlin wäre gut beraten, die Warnung ernst zu nehmen.” Ein paar Jahre früher wäre besser gewesen.
Die EU wackelt und hat nur noch wenig Luft. In Ungarn und Serbien hatte “Putin” die Wahl schon gewonnen. Wer will ihn politisch aufhalten, wenn “er” Frankreich gewinnt? Der “US-Imperialismus” wird es nicht sein. Ich habe sein “Bashing” jetzt doch gefunden. Nicht in den Ostermarsch-Aufrufen, aber in einem Interview, das Klaus von Dohnanyi Rüdiger Suchsland/telepolis gab (1. Teil).
Stimmungsaufheller aus der Schweiz
Warum sind die Deutschen so, wie sie sind? Viele verzweifeln an dieser Frage, am meisten die Deutschen selbst. Nicht so der Schweizer Meistertheologe Hans Conrad Zander. Er hat mir vor einiger Zeit sein jüngstes Buch “Warum es so schwierig ist, in die Hölle zu kommen” geschenkt. Es liegt an meinem Bett. Jetzt, wenn mich der DLF täglich mit all den schlechten Nachrichten belästigt, muss ich zu meiner Erbauung immer aufs Neue zugreifen. Und erwischte sofort den Schuldigen für alles, naja das Meiste: es ist der Millionär Martin Luther. Zum Glück sind Zanders erhellende Analysen alle audioarchiviert, beim WDR-Zeitzeichen. Hören Sie das, und Sie werden verstehen (Audio 15 min).
“Holländische” Mediathekperle
Ein-, zweimal ist eine richtige Frau nackt zu sehen. Das könnte Kinder und junge Erwachsene unter 16 ihr Leben lang traumatisieren. Es werden auch welche totgeschossen, aber immer nur die Bösen. Ist das nicht wertegeleitet? Erwachsene – und alle andern ab 22 h – können es einen Monat lang gucken: “Schneider vs. Bax” (NL 2015). Meine TV-Zeitschrift war nicht überzeugt. Aber ich. Sie ahnen nicht, wie lustig “Holländer*innen” sein können. Obwohl die doch (s.o. Zander) Calvinist*inn*en, das sind Evangelische mit Geld, so wie die Schweizer*innen, sind.
zu LePen bzw zu den französischen Wahlen zwei Ergänzungen
https://elucid.media/politique/le-macronisme-est-un-populisme-emmanuel-todd
und der Gefahr die von ihr ausgeht auf grund der von ihr nutzbaren verfassungsmäßigen Konstitution der RF siehe hier
https://lareleveetlapeste.fr/si-elle-arrive-au-pouvoir-marine-le-pen-va-dissoudre-lassemblee-nationale/