Im März, als die CDU unter ihrem jugendlichen Ministerpräsidenten Tobias Hans gerade die Landtagswahl im Saarland verloren hatte, gab es eine scheinbar unscheinbare Mitteilung aus Nordrhein-Westfalen. Hendrik Wüst – in Sorge, sein Amt als CDU-Ministerpräsident ebenfalls zu verlieren – teilte mit, er habe Eva Christiansen und Klaus Schüler zur Unterstützung in sein Team geholt.
Das politisch Bemerkenswerte daran: Christiansen und Schüler waren wichtige Helfer im Machtsystem von Angela Merkel, Christiansen als Kommunikationsberaterin im Kanzleramt, der aus Köln stammende Schüler als Bundesgeschäftsführer der CDU in der Parteizentrale. Vor allem war Schüler ab 2007 der Cheforganisator von Merkels Wahlkämpfen. Bei nahezu allen Wahlkampfauftritten Merkels in der Provinz war Schüler dabei – nach dem Rechten sehen, mit den lokalen CDU-Größen über Wünsche und Befindlichkeiten reden. Wahlkämpfe sind gefahren- und pannenträchtig. Sie bestehen aus einem kleinteiligen Mosaik technischer Details. Oder wie einst der Sozialdemokrat Franz Müntefering sagte: Politik ist Organisation. Schüler hätte das auch sagen können. Persönliche Begegnungen gehören dazu.
Schülers Einfluss auf die Politik der CDU-Spitze war größer, als es der bürokratischen Arbeitsplatzbeschreibung „Bundesgeschäftsführer“ entsprach. In Wahrheit war er wichtiger als die CDU-Generalsekretäre, die auf Pressekonferenzen und in Talkshows für „Öffentlichkeitsarbeit“ zuständig waren. Sein Selbstbewusstsein und Einfluss sind durch eine Episode im Sommer 2016 gekennzeichnet. Merkel hatte sich noch nicht darauf festgelegt, ob sie bei der Bundestagswahl 2017 noch einmal antreten würde. Bei einer Strategiebesprechung präsentierte Schüler seine Vorstellungen über den anstehenden Wahlkampf. Der Gesprächsverlauf ging so. Merkel: „Herr Schüler, Sie tun so, als stünde fest, dass ich noch einmal zur Kanzlerkandidatur bereit sei; das ist nicht der Fall.“ Schüler: „Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie nicht wieder antreten, werde ich den Bundestagswahlkampf der CDU nicht organisieren; nur für Sie werde ich das tun.“
Merkel gewann die Wahl, noch ein Mal. Nach ihrem Abschied als CDU-Vorsitzende verließ Schüler die Parteizentrale – und wurde Berliner Repräsentant des Chemiekonzerns Lanxess. Die nachfolgende Niederlage der CDU bei der Bundestagswahl 2021 wurde auch in Organisationsmängeln der Parteizentrale verortet.
Den Wahlkämpfer Hendrik Wüst aber beriet Schüler, der die CDU-Untergliederungen kennt wie nur wenige sonst. Offenkundig wurden keine Fehler gemacht. Und bei der CDU-Siegesfeier am vergangenen Sonntag in Düsseldorf war Schüler auch zu sehen – im Hintergrund, wie es seine Art ist und seinem Arbeitsstil entspricht. Doch auch eine Woche zuvor, als CDU-Ministerpräsident Daniel Günther in Kiel seinen Sieg bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein feierte, war Schüler prominent zu sehen – kaum zufälligerweise auf einem ziemlich weit verbreiteten Foto mit Günther selbst. Auch dem waren keine Fehler unterlaufen. Günther und Wüst umwerben die Grünen. Friedrich Merz hat zu folgen. Merkel wird es mit Wohlgefallen sehen.
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