Gestern soll es in Berlin einige gewichtige Krisensitzungen gegeben haben – die Nachrichten berichteten darüber. Dem Vernehmen nach soll es sich um völlig überraschendes Versagen des Schützenpanzer PUMA der Bundeswehr gehandelt haben. Der funktionierte nach einer Übung nicht mehr – genauer gesagt alle 18 Stück, die an einer Übung der Bundeswehr teilgenommen hatten und für die “Schnelle Eingreiftruppe” der NATO ab 1.1.2023 vorgesehen waren. Kam das Ende des Panzers wirklich völlig überraschend?
Die Geschichte des PUMA, von dem die Bundeswehr inzwischen mindestens 260 Stück besitzt, beginnt vor 15 Jahren mit der Entwicklung des Baumusters bei Krauss-Maffei-Wegmann und Rheinmetall Landsystems GmbH. Die ursprüngliche Idee des PUMA war als Multifunktionsplattform geplant. Auf einem “Fahrgestell” sollten ein Kampfpanzer, ein Schützenpanzer und ein Flugabwehrpanzer entstehen. Doch schon 2010 bei der Lieferung der ersten PUMA-Prototypen an die Bundeswehr war klar, dass aus reinen Kostengründen diese Pläne aufgegeben werden mussten. Was bis dahin entstanden war, ist der größte, stärkste und modernste Schützenpanzer der Welt – zumindest auf dem Papier.
Mehr als ein Panzer – ein Hightech-Kampfsystem
Anders als etwa die amerikanischen M 113, die viele noch von Bildern des Vietnamkriegs kennen, die schlichtweg Soldaten unter Beschuss geschützt bis ins Kampfgebiet brachten, handelt es sich beim Puma um ein Kampfgerät mit Science-Fiction-Qualitäten. Drei Panzerschützen führen sechs Spezialsoldaten ins Kampfgebiet, die mit computerisierten Helmen, Funk, Leitsystemen, Tag- und Nachtsichtoptiken ausgestattet sind und dank der Vernetzungsstruktur mit dem PUMA praktisch wie eine Art Cyborgs den Feind orten und gemeinsam agieren können. Für die Infanterie bedeutet das in der Theorie einen Quantensprung an Feuerkraft, Ortungsfähigkeit und Einsatzgeschwindigkeit. Soweit die Theorie.
Waffentheorie und Einsatzrealität
Leider – wir alle kennen das von Wasserschäden an Handys oder Laptops durch Toilettenstürze oder über die Tastatur gekippte Weingläser – reagiert moderne IT-Technik empfindlich auf Umwelteinflüsse – auch im Schlamm des Kampfgebietes. Leider stellte sich 2015 heraus, dass bei starkem Regen Wasser durch die Dachluke eindrang. Zudem ist offensichtlich die Software der Hightech-Panzer anfällig gegen Störungen, besonders bei den über 250 PUMAS, die seit 2015 an die Bundeswehr geliefert wurden. Seit 2019 sind solche Updates nämlich bei den Pumas obligatorisch und haben wohl mehr zur Konfusion, als zur Wirkungssteigerung der Truppe beigetragen. Wie im echten Leben auch (die meisten Lehrer scheitern an den regelmäßigen Software-Updates von Microsoft und Apple, weil sie über keinen Computerführerschein verfügen, der ihr Wissen updaten würde), und ebenso scheiterten Soldaten, die keine Zusatzschulungen erhalten hatten, an der Bedienung der weiterentwickelten PUMAS. Wer da was versäumt hat, darüber wurde in den Krisensitzungen heute in Berlin gestritten. Die beschriebenen Software- und Bedienungsprobleme schließen natürlich jede Lieferung des Puma etwa an die Ukraine von vornherein aus. Die Niederlande haben ihre Bestellungen storniert, Lambrecht hat jede weitere Bestellung gestoppt.
Triviale Mängel
Wie jedes scheinbar geniale System hat das Kampfsystem PUMA eine ganz entscheidende Achillesferse. Zwar handelt es sich um den stärksten Panzer der Bundeswehr mit einem 800 kW-Vielstoffmotor der MTU mit 6-Gang Automatikgetriebe, über 70 km/h Höchstgeschwindigkeit mit 700 km Reichweite – aber seine Panzerung macht ihn zum Einsatzproblem. Das liegt daran, dass er mit voller Seitenpanzerung nahezu 70 t wiegt. Das für die Bundeswehr in den 00er Jahren ebenfalls unter schweren Geburtswehen entwickelte Transportflugzeug Airbus A 400 hat aber nur eine Nutzlast von 32 t. Da nach der geänderten NATO-Doktrin nach dem 11.September 2001 die Luft-Transportfähigkeit solcher Systeme Grundanforderung wurde, gibt es den PUMA nun in der Version der leichten A-Panzerung “flugtransportabel” und die C-Panzerung ist abschraubbar, und 3 Exemplare davon können von einer zweiten A 400 transportiert und am Ziel innerhalb von vier bis fünf Stunden angeschraubt werden.
Kosten explodiert – der “Marder” wird reanimiert
Da das neue Hightech-Waffensystem seit 2015 an Kinderkrankheiten leidet, ist die Lieferung weiterer PUMA-Systeme schon lange, auch unter der Vorgängerregierung der “Ampel”, umstritten. Denn seit seiner Projektierung vor 2010 haben sich die Kosten pro Panzer verdoppelt. Die Kalkulation erfolgte aufgrund von 1000 Einheiten, die Bundeswehr wollte ursprünglich 405 Exemplare kaufen, reduzierte dies jedoch 2012 auf 350 und verfügt bis heute über mindestens 266 Einheiten. Ob die rechtlichen und tatsächlichen Probleme mit dem PUMA dazu führen, dass die ursprünglich geplante Stückzahl abgenommen oder der Kauf des PUMA endgültig gestoppt wird, ist derzeit offen. Dass Verteidigungsministerin Christina Lambrecht den Zukauf weiterer PUMA-Systeme gestoppt hat, ist folgerichtig. Die Bundeswehr wird auf jeden Fall in der Lage sein, mit modernisierten “Mardern”, die über eine 20mm Maschinenkanone und gute Panzerung bei konventioneller Technik verfügen, 65 km/h schnell sind und 12 Soldaten absetzen können und nur 35 t wiegen, ihre Bündniszusagen erfüllen können. 2011 wurden weitere 35 Marder auf den Stand 1A5A1 gebracht und 78 Einheiten bekamen einen neuen Antrieb mit 750 PS (552 kW). Für die “schnelle Eingreiftruppe” der NATO kein Problem.
Wer wusste wann was?
Im Zusammenhang mit der desaströsen Entwicklung um den PUMA stellen sich interessante Fragen – auch an die Politik. Dem Herstellerkonsortium geht nämlich seit einiger Zeit der A… auf Grundeis: Schaffen sie es nicht, die Fehler im System schnellstens abzustellen, droht trotz boomendem Kriegsgeschäft ein Finanzdeesaster des PUMA. Auch darin könnte ein Grund liegen, dass Rheinmetall und KMW von Anfang des Ukrainekriegs an die “Information” durchgestochen haben, in ihren Lagern lägen über 100 Leoparden Typ 1 und eine große Zahl “Marder” – quasi bereit zur Lieferung an die Ukraine. Hinter der humanitären Hilfsgeste verbarg sich von Anfang an ein massives Profitinteresse,
Alarmstimmung in der Industrie
Seit Beginn des Ukraine-Krieges setzt sich Agnes Strack-Zimmermann MdB, die “eiserne Lady” der FDP in Sachen Ukraine, vehement für die Lieferung von “Marder” und “Leopard” Panzern in die Ukraine ein. Ihr Wahlkreis ist Düsseldorf in direkter Nähe zum Hersteller Rheinmetall. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der CDU, Wadephul und seine Kollegen forderten heute weiter die schnelle Lieferung von “Mardern” in die Ukraine. Was die drei alle wissen, ist, dass je mehr “Marder” in die Ukraine geliefert werden, der Druck auf die Verteidigungsministerin steigt, neue PUMA-Panzer zu kaufen. Ein Schelm, der böses dabei denkt? Sie alle bemühen sich derzeit wieder, wie ein Teil der Berliner Journalist:inn:en, die Verantwortung der Verteidigungsministerin zuzuschieben, anstatt zu recherchieren, wo Rheinmetall und KMW ihre Lobbyisten haben. Klar ist: Ministerin Lambrecht ist für diese Panne nicht verantwortlich. Dieses faule Ei wurde noch zu von der Leyens Amtszeit im BMV gelegt und von ihrer Nachfolgerin ausgebrütet.
Ich hätte da ja einen relativ preiswerten Vorschlag: Man nehme einen Flieger aus der Flugbereitschaft und beantrage einen Slot Richtung Moskau. Muß ja nicht gerade so ein katarrhischer Bückling sein den man da auf das blankpolierte Diplomatische Parkett legt.
Uhr auf 1990 zurück stellen (zummind politisch) und mal schauen was für uns Europäer denn da für eine Friedensdividende drin steckt.
Vorsichtig an dem scheint es noch intakten Gashahn drehen, ob da noch was raus kommt……
Den Rest darf sich jeder weiter zusammen fantasieren………..