Kennen Sie die Bundesministerin für Bildung und Forschung? Ich muss selbst nachgucken. Aber ihr ist zuzubilligen, dass auch ihre Vorgänger*innen kaum jemand kannte. Als ich noch im Vorstand der Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS) war, habe wir es übernommen, mit regelmässigen Hofgarten- oder Münsterplatz-Demos die Amtsinhaber (Schmude, Engholm usw.) leidlich bekannt zu machen. Engholm hats dann sogar zum SPD-Parteivorsitzenden gebracht, was aber weder ihm noch seiner Partei zum Vorteil gereichte …
Das Beste, was von den SPD-Kabinettsmitgliedern Svenja Schulze (Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und Klara Geywitz (Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen) gesagt werden kann, ist, dass sie öffentlich nicht auffallen. Das war bei beiden mal anders. Schulze, als sie Umweltministerin war, damals noch inkl. Klimaschutz, den Habeck seiner Parteifreundin Lemke aus dem Ministerium geklaut hat. Und Geywitz, als sie sich zusammen mit dem späteren Bundeskanzler erfolglos um den SPD-Parteivorsitz bewarb.
Schulzes Ressort wird politisch vom Auswärtigen Amt überdeckt, das sich seinerseits, seit Genscher es verlassen hat, den Übergriffen des Kanzleramts ausgesetzt sieht – eine klare Hierarchie im Kabinett, die die einstige Aufsteigerin Schulze faktisch stilllegt. Geywitz wiederum hat Ressorts, die einst dem Verkehrsministerium angegliedert waren, und von denen nur die Fördergelder interessant sind. Denn die Umsetzung muss kommunal passieren. Da scheitert vieles. Und wo es nicht scheitert, finden Grundsteinlegungen ohne die Bundesministerin statt.
Zum besseren Teil der SPD-Fraktion im Kabinett ist noch Hubertus Heil zu rechnen. Der macht seinen Job. Nicht spektakulär, aber stetig. Und macht – vorläufig – den Eindruck, nichts anderes mehr werden zu wollen, was der Amtsausübung sehr zuträglich ist. Aber es nützt der SPD auch nicht wirklich, wenn er unterhalb des Medienradars agiert, in ihrem Kernressort. Ist sie schon zufrieden, wenn einer nicht schadet?
Denn das Problem sind die SPD-Bundesminister*innen, die gut bekannt sind: die frei flottierende Kanonenkugel Karl Lauterbach. Dessen Eignung zur Führung eines Bundesministeriums haben wir im Extradienst von Anfang an angezweifelt. Diese Zweifel wurden vom Bundeskanzler geteilt, aber er unterwarf sich demonstrativ dem Treiben einiger Medien. Die weiteren Problemfälle: die legitime Flinten-Uschi-Nachfolgerin Christine Lambrecht, und das Gesicht der deutschen Blamage bei der Qatar-WM Nancy Faeser, die allen Ernstes Ministerpräsidentin von Hessen werden will – ein Wahlsieg vorausgesetzt. Aber wie soll das gehen?
Ich will diesen dreien nichts. Sie sind das natürliche Ergebnis der Führungskräfteauslese im deutschen Parteienwesen. Diese Katastrophe hatte ich schon vor 15 Jahren diagnostiziert. Sie musste organisationssoziologisch betrachtet “oben” ankommen. Sie ist auch kein SPD-Spezifikum. Fragen Sie nur mal den Lindner. Obwohl, der ist ja selbst schon so ein Fall. Wenn es der FDP schadet, soll es mir recht sein. Die drei SPD-Fälle im Kabinett sind klassische Fälle von Beratungsbedürftigkeit bei gleichzeitiger Unberatbarkeit. Für Führungsaufgaben also nicht geeignet. Menschlich betrachtet nicht weiter schlimm – im Regierungsamt dagegen sehr.
Das Krisenphänomen ist auch nicht auf die Parteien begrenzt. Wenn der 90-jährige Gerhart R. Baum ein klügerer WDR-Intendant wäre, als der Amtsinhaber, sagt das mehr als tausend Worte.
In der derzeitigen Verfassung der deutschen Gesellschaft, die die Verteilung von Kapital extremistisch-neoliberal interpretiert – der eigentliche Sieg der Sekte FDP – lohnt es sich für die Besten nicht, öffentliche Ämter anzustreben. Als Nächste merken das die Grünen.
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