Update: Laut Meldungen der Süddeutschen Zeitung von Freitagnacht, hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ihren Rücktritt für die kommende Woche angekündigt.
Sollte sich Olaf Scholz mit der Zukunft von Christine Lambrecht befassen, hat er drei „W-Fragen“ zu beantworten: Wie? Wann? Wer? Die Verteidigungsministerin wird nicht im Amt bleiben können. Unglücklich, fehlerhaft, pannenreich hat sie agiert. Auf dem Feld politischer Kommunikation hat sie versagt. Die Liste wird lang und länger: 5000 Helme für die Ukraine; personalpolitische Fehlentscheidungen im Ministerium; Truppenbesuch mit Stöckelschuhen; Urlaubsanreise mit Bundeswehrhubschrauber und Sohn. Dann noch das Silvestervideo. Ihr Ruf ist ruiniert und nicht mehr zu reparieren.
Hätte Olaf Scholz das alles vorhersehen können? Als er Finanzminister war, diente ihm Lambrecht als Parlamentarische Staatssekretärin. Ihren Aufstieg hat sie Andrea Nahles zu verdanken. 2019 sorgte die damalige SPD-Vorsitzende dafür, dass Justizministerin Katarina Barley SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl und aus dem Bundeskabinett abgezogen wurde. Lambrecht folgte nach – und übernahm im letzten Kabinett Merkel für kurze Zeit auch noch die Aufgabe als Frauen- und Familienministerin. Dann hatte sie genug von der Politik. Sie kandidierte nicht mehr für den Bundestag. Erst als die Umfragen für die SPD wieder besser wurden, besann sie sich. Als sich die neue SPD-Fraktion zum Gruppenfoto versammelte, drängelte sie sich ins Bild. Gerne wäre die Juristin Innenministerin geworden. Scholz aber machte sie zur Verteidigungsministerin, was zur fraglichen Zeit im Herbst 2021 ein vergleichbar geringes Risiko war. Lambrecht hatte Kabinettserfahrung. Lange hatte sie dem Bundestag angehört. Welch zentrale Rolle die Bundeswehr spielen würde, war noch nicht abzusehen. Dann kam die Zeitenwende.
Wie nun? Lambrecht könnte als letzten Dienst für Partei und Regierung „freiwillig“ ihren Rücktritt einreichen. Sie müsste wissen, dass sie nicht wieder auf die Beine kommt, Vertrauensbekundungen des Kanzlers hin oder her. Andernfalls müsste Scholz sie gegen ihren Willen entlassen, was freilich eine Ausnahme wäre. In der Regel verlassen Minister aus Einsicht ihr Amt. Das Wann ist offen. Kurz vor oder nach der Abgeordnetenhauswahl im Februar in Berlin? Oder im zeitlichen Umfeld der hessischen Landtagswahl, weil – wenn Innenministerin Nancy Faeser dort SPD-Spitzenkandidatin wird – ohnehin eine Kabinettsumbildung anstehen könnte?
Am schwierigsten ist für Scholz das Wer. Erwägungen, Lambrecht könnte für Faeser ins Innenministerium geschoben werden, sind durch eigenes Verschulden obsolet. Anders als 2002, als Kanzler Schröder den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck zum Verteidigungsminister machte, scheidet Fraktionschef Rolf Mützenich als Lambrechts Nachfolger aus. Aus dem Bundeskabinett kommt seitens der SPD nur Arbeitsminister Hubertus Heil dafür in Frage, für den dann – der Quote wegen – eine Frau gefunden werden müsste. Eine Sozialpolitikerin aus der Fraktion? Eine Aufgabe für Barley? Wäre machbar – wäre, im Sprachgebrauch von Scholz, ein Wumms. Ein doppelter Wumms wäre es, wenn Andrea Nahles für ein Berliner Amt gewonnen würde.
Letzte Kommentare