Best of 7. März 2023: andere Blicke auf den Ukrainekrieg / US-Infrastruktur / Wasserpolitik / DFB-Neuendorf
In meinen Freundeskreisen kursiert z.Z. eine Veröffentlichung von Thomas Meaney/New York Times, Fellow der Max Planck Gesellschaft. Es gibt eine deutsche Übersetzung, die ich auf Wunsch gerne individuell übermittle. Hier der Originaltext vom 2. März: “America Is In Over Its Head”. Ein Symptom dafür, dass in den Medien am anderen Atlantikufer weit cooler und rationaler diskutiert wird.
Thomas Pany/telepolis hat eine internationale Umfrage des European Council on Foreign Relations (ECFR; Europäischer Rat für Auswärtige Beziehungen) etwas genauer gelesen, und liefert eine angenehm kompakte und informative Zusammenfassung, von der ich empfehle, sie in die Sitzungsunterlagen der nächsten Sitzung des Bundeskabinetts zu legen: “Ukraine-Krieg und Weltordnung: Die Sicht der anderen – Selbst bei einem Sieg der Ukraine: In einer multipolaren Welt muss der Westen mit ‘feindlichen Diktaturen wie China und Russland und unabhängigen Großmächten wie Indien und der Türkei leben’.”
Florian Rötzer/overton porträtiert einen prominenten ukrainischen Deserteur: “‘Ich habe mich verpisst wie eine Ratte’: Ukraines Problem mit fliehenden Wehrpflichtigen – Der ukrainische Comedian Andriy Shchegel sorgt für Unruhe, nachdem er das ‘Recht auf ein beschissenes Leben’ geltend machte und in der Türkei bleibt.” Da ich selbst staatlich diplomierter Feigling bin (mit 2:1-Stimmen bestandene Prüfung 1975), kann ich den Kerl nicht kritisieren.
Aus dem Inneren grosser Mächte
Bitte Vorsicht, in diesem Absatz gibt es nur fürchterliche bis grausame Neuigkeiten.
Bernhard Gulka/telepolis: “Ukraine-Krieg: Prigoschin und der ‘blutige Fleischwolf’ – Der zähe Kampf um Bachmut ist Hintergrund harter Kritik des PMC-Wagner-Gründers an seiner Führung. Die Verluste sind auf beiden Seiten hoch. Die Frontlinie veränderte sich in letzter Zeit nur langsam.” Die Begrifflichkeit “Fleischwolf” (“meat grinder”) wurde auch von o.g. Thomas Meaney verwendet.
Leon Gerleit/telepolis: “USA: Zugentgleisungen und andere Katastrophen – Konkurrent China investiert in Relation zum BIP zehnmal mehr in die Infrastruktur. Ingenieure schätzen die Investitionslücke in den Vereinigten Staaten in diesem Jahrzehnt auf fast 2,6 Billionen Dollar.” Die USA sind ein infrastrukturelles Entwicklungsland, das seine geopolitische Dominanz nur militärisch behaupten kann. Das ist für alle auf der Welt sehr, sehr gefährlich.
In meiner früheren WG lebte ein diplomierter Hydro-Geologe, examiniert im damals noch sowjetischen Baku (Aserbaidschan), unter der Regentschaft von Staatschef Michail Gorbatschow. Längere Zeit fand er als politischer Flüchtling (aus dem Iran) hierzulande keine Anstellung. Nun regiert er in Berlin mit, allerdings nicht in seiner alten Fachrichtung. Schade eigentlich, denn diese Disziplin wird auch hier in Deutschland immer brisanter, wie Susanne Aigner/telepolis verdeutlicht: “Wenn unser Wasser knapp wird – Winterdürre trifft Nitratbelastung – In Zeiten des Klimawandels sinkt der Grundwasserspiegel. Hinzu kommt Verschmutzung durch Nitrat. Ein Hauptverursacher ist die Landwirtschaft. Die Wasseraufbereitung ist kostspielig.”
Starkes Porträt: der “ziemlich überforderte” DFB-Präsident
Paywallfrei gestellt ist das Porträt des DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf von Martin Teigeler/uebermedien: “DFB-Präsident Neuendorf: Der Olaf Scholz des Fußballs – Wenn es ein Bild gibt, das für das erste Amtsjahr von Bernd Neuendorf an der Spitze des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) steht, dann ist es vielleicht dieses: Wie die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft sich vor dem ersten Spiel der Weltmeisterschaft in Katar die Hand vor den Mund hält. Und dann verliert. Und kurz darauf aus dem Turnier ausscheidet, nach der Vorrunde.” Autor Teigeler hat erkennbar viel telefoniert, und dabei von seinen alten Netzwerken profitiert, aus der Zeit, als er noch selbst der SPD angehörte. Am Ende sprach sogar Neuendorf selbst mit ihm – nur zitieren darf er ihn nicht.
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