Wölfe im Hühnerstall der öffentlich-rechtlichen Medien – die Hühner öffnen freundlich den Stall und bereiten sich zum Gefressenwerden.
Die Bundesländer delektieren sich am Verfassungsbruch. Meinen sie, sich das erlauben zu dürfen, weil sie während der Pandemie so “schön” damit durchgekommen sind? Dann verwechseln sie da was – fast alles. Mehrere Ministerpräsidenten, die in ihren Staatskanzleien eigentlich gut bezahlte Expertise sitzen haben müssten, versuchen damit populärer zu werden, dass sie sich gegen eine Erhöhung der TV/Rundfunks-Haushaltsabgabe wenden. Praktisch geht es da um 1-2 € pro Monat und Haushalt. Eine verfassungsgemässe Grundlage hat das Gelärme nicht.
Die Ministerpräsidenten und ihre Landtagskoalitionen haben zwar eine Vetomacht. Sie können einen Staatsvertragsentwurf, den die Ministerpräsidenten selbst verhandeln und aufsetzen müssen, durchfallen lassen. Politische Willkür ist ihnen dabei jedoch nicht erlaubt. So hat das Bundesverfassungsgericht bereits schon beim vorigen Mal geurteilt, und müsste es im Falle des Falles wieder tun.
Die Verfassungsspielregeln gehen so: die Bundesländer erteilen per Staatsvertrag den öffentlich-rechtlichen Medien einen Auftrag, was sie inhaltlich zu tun haben. Auf dieser gesetzlichen Grundlage melden die Sendeanstalten einen von ihnen errechneten Finanzbedarf an. Der wird von der von den Ländern ernannten aber formell unabhängigen “Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs” (KEF) sachlich, fachlich und rechnerisch geprüft. In der Regel weicht ihre Stellungnahme von den Anmeldungen ab. Auf der Basis des KEF-Gutachtens entwerfen die Staatskanzleien der Ministerpräsidenten einen entsprechenden Staatsvertrag, der den 16 Landtagen vorgelegt wird. Abweichungen vom KEF-Gutachten sind zulässig – sie müssen aber verfassungskonform sachlich begründet sein. Willkür ist verboten.
Mit dem derzeitigen PR-Trommelfeuer versuchen zahlreiche Ministerpräsidenten die Mitglieder der KEF unter Druck zu setzen, und sich selbst einen schlanken Fuss zu machen. Matthias Dell/DLF hat das mit mehr Sachlichkeit, als ich noch aufbringen mag, gestern kommentiert: “Kolumne: Woidke und Söder – Lieber den ÖRR kritisieren statt gestalten?” (Audio 4 min). Thüringens Staatskanzleichef Benjamin Hoff vermeidet es, sich rhetorisch aus dem Fenster zu hängen – er will verhandlungsfähig bleiben (Audio 15 min).
Stefan Brandenburg, Chefredakteur Aktuelles und Leiter des Newsrooms im WDR, spielt, nach dem Vorbild seines Intendantenbosses Tom Buhrow, bereitwillig das Agendasetting der CDU-nahen Medienkonzerne mit, und liefert dort einen rechtfertigenden Gastbeitrag ab (FAZ-Paywall). Zu solcher Selbstmordpraxis auf Kosten unserer Gebühren wären ein paar medientechnische Formalitäten zu klären.
Schreibt der Mann solche “Gastbeiträge” in seiner Arbeitszeit, also auf unsere Kosten? Erhält er dafür von der FAZ ein für “freie Mitarbeiter*innen” branchenübliches Autorenhonorar? Wenn ja: was macht er damit? Und egal ob ja oder nein: wieso erlaubt er der FAZ-Verlagsgesellschaft, den Text digital einzumauern, und nur gegen Zahlung von Abo-Gebühren und persönlichen Daten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Warum werden Besinnungsaufsätze von der Öffentlichkeit hochbezahlter Beschäftigter nicht schlicht und einfach parallel auf der Homepage des entsprechenden öffentlichen Mediums transparent dokumentiert – wenn sie doch schon von uns bezahlt sind?
Das Gleiche gilt im übrigen für alle von uns bezahlten Politiker*innen.
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