Fussballlehrer (= Fachlichkeit) zu sperrig fürs Entertainment
Gestern Abend trafen im Profifussball der Herren die Fussballkonzerne aus dem westfälischen und aus dem süddeutschen Raum aufeinander. Das Ergebnis entsprach ziemlich genau der Differenz an Eigenkapital und Umsatz zwischen den beiden Konkurrenten. Unverbesserliche waren davon schockiert. Dabei ist das nun schon seit Jahrzehnten so. Das Medienbusiness, die fütternde Hand dieses langweiligen Geschehens, musste darum aufblasen, dass der gestern erfolgreichere Fußballlehrer sich gegen seine Mechanismen wandte. Anders als gestern während des Spiels, hat er damit die Fans auf seiner Seite. Wenn sie den Asketen nur leiden könnten …
Seit ich Fussballfan bin, also fast genauso lange wie ich lebe, rätsele ich, wer das Spektakel vor dem Anpfiff und nach dem Abpfiff braucht. Eine rationale Erklärung: die TV-Sender sparen so die Produktionskosten für ein sinnvolles Programm. Denn ob zuhause, in der Fussballkneipe oder im Stadion: die Zuschauer*innen lärmen miteinander und verstummen erst, wenn es ernst wird. Ernst Huberty war der einzige und letzte was-mit-Medien-Mensch, der davon wusste. Alle Anderen sind so wichtigtuerisch selbstbesoffen, dass es für neutrale Beobachter*innen unerträglich ist.
Und für Betroffene, wie Thomas Tuchel, ebenfalls. Tuchel ist im übrigen der, der von den gestrigen Verlierern gefeuert wurde, weil er nicht davon amüsiert war, kurz nach einem mühsam überlebten Attentat schon wieder zum Spektakel antreten zu müssen. Der andere Grund fürs Feuern war: er ist nicht Jürgen Klopp. So erging es auch Lucien Favre. Diese Fussballfachleute wollen es nicht ertragen, von Leuten, die ihnen beruflich nicht das Wasser reichen können, über TV-Mikrofone angerempelt zu werden – von Männern, die wg. erwiesener Unfähigkeit schon überall gefeuert wurden, und nun als Maskottchen von TV-Konzernen vegetieren, weil sie so viele geschiedene Gattinnen abfinden müssen.
Dass all das gestern aus Tuchel rausplatzte – das musste wohl sein. Es macht ihn nicht sympathischer, der er selbst integriertes und erfolgreiches Teil eines pervertierten Systems ist. Aber nachfühlen kann ich es.
Was sind die Alternativen?
Gute Frage. Die taz-Kollegin Alina Schwermer geisselte jüngst die Hasser*innen des Fussballkonzerns aus dem süddeutschen Raum als kleinbürgerlich-hämisch: “Statt Verhältnisse ändern zu wollen, feiert man einen Fehltritt; statt um Systemisches geht es wie immer um die bösen Bayern.” Kann sie so sehen. Es geht aber auch beides.
Immerhin hat sie dazu eine Menge Ideen und Vorschläge gemacht, den Sport gegen seine Kapitalverwerter zu verteidigen. Das tun nicht viele.
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