Die DFL pfeift im Wald

Das Kartell des deutschen Profifussballs der Herren, die 36 Mitglieder der Deutschen Fussball-Liga (DFL = die Vereine der 1. und 2. Liga) pfeift im Wald. Sie muss ihr teuerstes TV-Paket, die Samstagsspiele, neu ausschreiben. Kann sie also einen höheren Erlös erzielen als zuvor? Der Kicker, der seinerseits eine institutionelle Zusammenarbeit mit Dazn sowie mit semikriminellen Wettanbietern pflegt, aber auch auf beste Beziehungen zur DFL angewiesen ist, meldete – als jetzt gecanceltes Gebot – 320 Mio. von Sky und 400 Mio. von Dazn. Das klingt vergleichsweise bescheiden, denn als Gesamterlös wird eine Summe von über 1 Mrd. erhofft.

Diese Hoffnung wäre geplatzt, hätte Dazn seine verbale Drohung wahrgemacht, sich ganz vom deutschen Fussballmarkt (der Herren) zurückzuziehen. Nun also kappudeneu?

Sky Deutschland steht unter dem Druck seiner Konzernmutter Comcast. Die sieht ihren Job nicht in der Durchfütterung deutschen Fussballwesens (der Herren), sondern in der Erzielung von Rendite für ihre Aktionär*inn*e*n. Das sind die üblichen Verdächtigen des globalen Finanzkapitalismus. Schade nur, dass die weder was von Fussball noch vom deutschen Medienmarkt verstehen. Sie haben sich vom Sky-Vorbesitzer Rupert Murdoch über den Tisch ziehen lassen, und merken das nun erst langsamer, als es für ihre Kapitalrendite gut ist. Doch mittlerweile dürften sie es gemerkt haben.

Ein Modell für mehr Rendite macht der Neuerwerber der DFL-Rechte in den USA vor. Am besten, mann setzt sich auf beide Seiten des Verhandlungstisches. Dann lässt sich viel effizienter Kapital verschieben und Steuern vermeiden. Das hat viel mit den Mechanismen des Kapitalismus und fast nichts mehr mit Sport zu tun. Aber niemand sitzt am Tisch, die*den das stört. Sie machen all das, was der allzu eitle neureiche Österreicher René Benko allzu öffentlich getrieben hat, und darum ausscheiden musste. Aber selbst auf den waren deutsche Politiker*innen von der Kragenweite des heutigen DFL-Bosses Watzke ja – Bundeskanzler darunter – reihenweise reingefallen.

Das sind gute Gründe für Sky, sein altes Angebot nicht an Dazn anzugleichen. Dazn wiederum, also der ukrainisch-russisch-US-amerikanische-israelische Oligarch Len Blavatnik, hat nur deswegen signifikant mehr als Sky geboten, weil er den ganzen Laden als Monopolist übernehmen will. Nur dann lässt sich seine rücksichtslose Preispolitik gegen seine Endverbraucher*innen durchhalten. Transparente Unternehmenszahlen, u.a. der Abos, werden nicht veröffentlicht, und allenfalls in den geheimen Verhandlungen mit der DFL auf den Tisch gelegt.

Die Nervosität dieser DFL wird jetzt automatisch steigen. Darauf hat es Dazn im gegenwärtigen Pokerspiel abgesehen. Es geht um die Kohle für die kommende Saison. Die Frist ist nun kürzer als eine Schwangerschaft. Vereine, die auf internationale Konkurrenzfähigkeit angewiesen sind, also Einnahmen aus der Uefa-Champions-League, haben diese Saison in den Arbeitsverträgen und ihrer Transferstrategie längst eingepreist. Wenn es zu Verzögerungen des Kapitalflusses kommt, werden sie zu einem Tanker mit kaputtem Steuerruder.

Wie sich das auswirkt, kennen alle vom Suezkanal. Das macht also nicht nur die DFL nervös, sondern alle anderen Fussballmärkte (der Herren) gleich mit.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net