Meditation über Journalismus heute

mit Update mittags

Nein, nicht von mir. Ralf Heimann/MDR-Altpapier hat das gestern geliefert: Kritik der reinigenden Vernunft – Lange galt: Gute Journalisten zeigen keine Haltung. Das Gegenteil ist richtig – denn sie ist Voraussetzung für Glaubwürdigkeit. Wenn Sie jetzt an Aktivismus denken, lesen Sie diesen Text.” Heimann macht beruflich Lokaljournalismus, und zwar hier. Er hat für uns in den Paywalls von SZ und uebermedien gelesen und lässt uns daran teilhaben.

Die mauernde SZ lese ich nun schon lange nicht mehr. Leonhard Dobusch/uebermedien dagegen auf jeden Fall, jedoch erst, wenn er dort nach einer Woche aus der Paywall freigelassen wird. Läuft ja nicht weg, und wird an Aktualität eher gewinnen als verlieren.

Die SZ übrigens wäre hierzulande die beste Mordwaffe für den Femizid, der in dieser ausgezeichneten Barnaby-Folge zu sehen ist. Die aussagewillige Mrs. Bingham wird von einem umfallenden Zeitungsstapel erschlagen. Den dort erwähnten Bingham-Krater auf dem Mond gibt es tatsächlich, im Gegensatz zu der weitgehend durch Serienmorde entvölkerten Grafschaft Midsomer.

Doch ist ein Zeitungsstapel wirklich eine geeignete Waffe? Eine Wochenendausgabe der SZ kostet mittlerweile rund 10 Mark. Da gibt es doch heute weit preisgünstigere Killerwerkzeuge …

Barnaby übrigens montags auf ZDFneo wegen des grossen Erfolges jetzt immer in drei Folgen hintereinander.

Misslungen

War gestern die 20Uhr-Tagesschau. Sie bestand nämlich zur Hälfte aus einem Interview, in dem der Bundeskanzler seinen Kampf gegen die bösen Sozialschmarotzer verkündigen durfte. “Normal” wäre das im anschliessenden “ARD-Brennpunkt” gewesen. Aber aus Furcht, dass den keine*r mehr guckt – er war ausserdem für “Nahost” reserviert – wurde das Interview im Sendeablauf vorgezogen und machte die Nachrichtensendung mit Friedrich Merz voll.

Die ARD setzt damit die Entwertung der Tagesschau als seriöses Nachrichtenmedium fort, und verwandelt sie immer mehr in ein Verkündigungsorgan. Die zuständigen Hierarchen lesen offenbar die von ihnen selbst beauftragten Umfragen nicht. 40% genügen ihnen als anzusprechende Zielgruppe. Sie werden bescheiden.

So enteignen sie uns unsere öffentlichen Medien. Und ruinieren jedes potenzielle Engagement für ihre Erhaltung.

Update mittags

Gelungen

Der geschätzte Kollege René Martens/MDR-Altpapier schreibt zum Treiben des Merz u.a. sehr treffend: “Die schwarze-rote Koalition hat mit dieser ‘Reform’ schlicht einen zentralen Aspekt ihres Raison d’Être in die Tat umgesetzt: Menschen, denen es schlecht geht, soll es noch viel schlechter gehen. Aus ihrer Sicht konnte die Koalition gar nicht anders, sie hätte sonst ihre tiefsten Überzeugungen verraten.”

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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