Die Konzern-Algorithmen machen uns doof
Meine Anerkennung für die sonntägliche DLF-Reihe “Essay und Diskurs” steigt beständig. Heute kam dort die Sozial- und Philosophie-Wissenschaftlerin Lisa Herzog zu Wort (mehr zu Frau Herzog hier). Sie macht anschaulich, warum die Verfügungsgewalt über Wissen und seine Verteilung bzw. Zuteilung der entscheidende Machtfaktor in einer Demokratie ist. Daraus entwickelt sie schlüssig die Forderung, dass die Verfügungsmacht und Kontrolle der programmierten Algorithmen nicht den hierarchisch beherrschten Konzernen überlassen bleiben darf. Algorithmen basieren auf Programmierungen, die wiederum auf gesammelten Kenntnissen und Erfahrungen, also aus der Vergangenheit, kommen. Je mehr wir uns von ihnen abhängig machen und unser Leben von ihnen regeln lassen, umso weniger wird Zukunftsgestaltung und Kreativität für uns zugänglich. Umso dümmer bleiben wir.
Eine ähnliche Machtkonstellation gibt es im deutschen Kulturbetrieb. Extradienst-Gastautor Wolfgang Hippe hatte sich vor einigen Jahren schon viele Feindschaften gemacht, als er bei den nachdenkseiten diese empirisch gesättigte Polemik veröffentlichte. In eine ähnliche Richtung ging das DLF-Feature von Ina Plodroch. Die Autorin zeigt auf ihrer Hompepage ein beeindruckendes Werkverzeichnis, das allerdings auch zeigt, das sie aus dem Pop-Genre kommt, das ihre eigene polemische Perspektive begründet. Das macht es nicht weniger ernstzunehmen. Im Gegenteil: aktuelle Kritik verschärft sich, u.a. über #metoo-Fälle, an den Feudalstrukturen, unter denen noch heute in Deutschland Kultur produziert wird. Die politische Spannung resultiert daraus, dass der Kulturbetrieb noch ein Reservat gegen den als brutal empfundenen schrankenlosen neoliberalen Kapitalismus darstellt – und Feudalismus dabei nicht “die Lösung” sein kann.
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