Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Helmut Kohl (Seite 2 von 7)

Abschminken

Zu Beginn der 1980er-Jahre gehörte Olaf Scholz der Führung der Jungsozialisten an. Er zählte zur sogenannten Stamokap-Fraktion, die lieber mit den bestorganisierten Moskau-nahen DKP-Gruppen als mit den Grünen kooperierte. In der Friedensbewegung etwa, zu deren Beratungen er von Hamburg aus meist zusammen mit Uwe Knickrehm, dem Vorsitzenden der DKP-Studentenorganisation MSB Spartakus, nach Bonn anreiste. Die Grünen wurden dort von ihrem Bundesgeschäftsführer Lukas Beckmann vertreten. Der pflegte das gegnerische Lager nach allen Regeln der Rhetorik politisch vorzuführen. Jungsozialisten und DKP warf er in einen Topf, weil sie einseitig die Abrüstung des Westens forderten. Die Grünen aber wollten eine blockübergreifende Abrüstung – der Nato und der Sowjetunion. Weiterlesen

Troikas

Erinnert sei an die SPD-Mitgliederbefragung Ende 2019. Sechs Frauen und sechs Männer traten an, jeweils paarweise, weil eine Doppelspitze der Partei vorstehen solle. Zwei setzten sich durch: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die als Leute des linken Flügels galten. Zehn haben verloren. Vier von ihnen stiegen auf – bis ins Bundeskabinett: Olaf Scholz als Kanzler, seine Teamgefährtin Klara Geywitz als Bauministerin; Karl Lauterbach wurde Gesundheits­minister und Boris Pistorius jüngst Bundesminister der Verteidigung. Eine Wiederholung? Schon einmal gewann der Verlierer einer Urwahl am Ende doch. Weiterlesen

Mit Rettungsschirm gerettet

Am 1. Januar hat Kroatien den Euro eingeführt. Nunmehr haben 20 Mitgliedstaaten der EU diese Währung, 7 EU-Staaten nicht (Bulgarien, Dänemark, Polen, Schweden, Rumäni­en, Tschechien und Ungarn). Aufgrund besonderer Abkommen gilt der Euro auch in den Kleinstaaten Andorra, Monaco, San Marino und Vatikan sowie in den überseeischen Ge­bieten der Euro-Staaten. Montenegro und Kosovo sind nicht EU-Mitglied, aber Euro-An­wender.

Norwegen und die Schweiz sind nicht der EU beigetreten und verwenden auch nicht den Euro. Geschadet hat es aber offenbar nicht. Weiterlesen

Kammerspiel

Eine Uralttaktik der Opposition ist es, die Bundesländer zu instrumentalisieren, um sich gegen die Mehrheit des Bundestages durchzusetzen – was dann gelingen kann, wenn Gesetze ausdrücklich der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Die Union verbuchte jüngst einen Erfolg – im Streit darüber, die Hartz-IV-Regelungen durch ein Bürgergeld zu ersetzen. Olaf Scholz musste nachgeben. Die Grünen machten es während der Großen Koalitionen – in den Debatten über das Asylrecht, als es um „sichere Herkunftsländer“ ging. Angela Merkel musste sich fügen. Weiterlesen

40 Jahre standfest

Am 28. November bestehen die Liberalen Demokraten 40 Jahre. Zur Erinnerung: Die Par­tei entstand anlässlich der Wende der FDP, als diese im Oktober 1982 (erfolgreich) ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Kanzler Helmut Schmidt unterstützte und Helmut Kohl wählte. Unruhe und Proteste in der Partei hatten Genscher und Lambsdorff nicht von der Wende abhalten können. Ohne Einbindung bzw. Mitwirkung der Partei hatten sie ihre Absicht durchgezogen. Für die Kritiker/innen war das ein Betrug an den Wähler/innen von 1980. Weiterlesen

Anschlag auf die Demokratie

Ich bin nach drei Wochen nach wie vor erstaunt:  Italien hat eine Faschistin zur Ministerpräsidentin gewählt. Sie hat eine Regierung zusammengestellt, die alles Verwerfliche, das der Populismus und die europäische Antidemokratie zu bieten hat, bündelt. Die Botox-Mumie Berlusconi, der als erstes seine Hände wieder nach den Medien ausgestreckt hat, der Flüchtlingsschläger Salvini von der Lega Nord und weitere illustre Gestalten, nicht weit entfernt von Vatikan und organisierter Kriminalität. Sie sind vom Staatspräsident vereidigt worden. Und wie reagiert Europa? Weiterlesen

Kein Platz für alte Träume

Frank-Walter Steinmeier ist die Negation der Sichtweise, der Bundespräsident habe sein Amt übers Reden auszuüben, was zwar unpolitisch, aber in Wissenschaft und Medien weit verbreitet ist. Nach dem Abbruch der Jamaika-Gespräche 2017 durch die FDP sorgte er dafür, dass es nicht zu „Neuwahlen“ kam, sondern eine Regierung gebildet wurde. So verhinderte er, als es ernst wurde, eine Systemkrise der Demokratie. Sein Bekenntnis, als Außenminister die Absichten Wladimir Putins falsch eingeschätzt zu haben, war mehr als Rhetorik. Weiterlesen

Hafenfeste

Die Älteren werden sich erinnern. Kurt Georg Kiesinger, Bundeskanzler der CDU, im Wahlkampf 1969: „Ich sage nur: China, China, China.“ Anti-Kommunismus schien ihm wahlkampftauglich – auch gegen die „Achtundsechziger“, die die „Mao-Bibel“ studierten, das rote Büchlein mit dem Titel „Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung“. Staatsbesuche waren verpönt. Erst 1972 – nach dem historischen Händedruck zwischen dem amerikanischen Präsidenten Richard Nixon und Mao Tse-tung – nahm die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen zu China auf. Weiterlesen

Kompetenzkompetenz

Zusagen werden gebrochen, Freundschaften vergehen, Interessen aber schweißen zusammen. Dass sich die Ampelparteien – trotz allem, was geschah und noch geschehen wird – von einer Neuauflage der Bundestagswahl nichts versprechen, zeigt ihr Zusammenhalt, wenn es um die Bewältigung des hauptstädtischen Wahldesasters im September 2021 geht. Weiterlesen

Zeitzeuge der Bundesrepublik

Als Wolfgang Schäuble 1972 das erste Mal in den Bundestag gewählt wurde, war die Hälfte der heutigen Abgeordneten noch nicht geboren. Willy Brandt war Bundeskanzler. Der CDU-Vorsitzende hieß Rainer Barzel. Das Drei-Parteien-System schien stabil – SPD, Union und FDP kamen auf zusammen 99,1 Prozent und alle „Sonstigen“ auf 0,9 Prozent. Von Grünen war selbst in Universitätsstädten noch nichts zu sehen. Borussia Dortmund stieg aus der Bundesliga ab. Der sportbegeisterte Schäuble war ein Fan von Bayern München. Weiterlesen

Friedrich Merz, jetzt auf Kuschelkurs

Ein Jahr nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl stehen die Unionsparteien nicht schlecht da. In den Umfragen liegen sie stabil auf Platz 1 – mit deutlichem, bis zu zehn Punkte betragenden Abstand zur SPD-Kanzlerpartei und stets, wenn auch nur knapp, vor den Grünen. Von den bisherigen drei Landtagswahlen in diesem Jahr hat die CDU zwei gewonnen. Zudem führen SPD, Grüne und FDP derzeit einen Koalitionsstreit über Corona-Bekämpfung (FDP gegen SPD) und Energiepolitik (SPD gegen Grüne) auf, als ob eine Partei stark würde, wenn andere Ampelpartner in ein schlechtes Licht gerückt werden. Weiterlesen

Gruppe 47

In Britannien gab es jüngst eine bemerkenswerte Entwicklung. Von den acht Tories, die um die Nachfolge von Boris Johnson kämpften, hatten nur zwei das Alter von 50 Jahren überschritten – und genau diese beiden schieden als Erste aus dem Rennen aus. Wahlerfolge wurden ihnen nicht zugetraut. Der französische Präsident Emmanuel Macron ist 44. Auf Deutschland übertragen hieße das: Friedrich Merz käme als Kanzlerkandidat nicht in Betracht. Er wird demnächst 67. Die CDU als Partei von gestern? Weiterlesen

Ausschlusseritis

Gerhard Schröder mag es wie ein Déjà-vu vorkommen. 1995, auf dem SPD-Parteitag in Mannheim, wo der Vorsitzende Rudolf Scharping gestürzt und Oskar Lafontaine zu seinem Nachfolger gewählt wurde, hatte sich Schröder, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, gegen Vorhaltungen zu wehren. Seine Rede begann er so: „Dass Fehler gemacht worden sind, auch von mir, keine Frage. Aber einen Vorwurf akzeptiere ich nicht, nämlich den, ich hätte mit meiner Art, politisch zu arbeiten, der Partei geschadet.“ Laut Protokoll gab es „Widerspruch“ im Saal. Weiterlesen

Antonio Gramsci jetzt bei der FDP?

Wer (so wie ich) als Endmoräne von 1968 groß geworden ist und intellektuell in die 1980er Jahre hineinwuchs und auch nicht unmittelbar auf Foucault oder Derrida anspringen wollte, hatte wenig Auswahl bei der Suche nach geistigen Vorbildern. Da waren noch übrig: Walter Benjamin – und mit ihm das, was noch interessant war an der Frankfurter Schule – oder auch Antonio Gramsci, der der westdeutschen Linken damals etwas mehr zu versprechen schien als die SPD, aber auch etwas anderes als der dogmatische Realsozialismus-Marxismus. Weiterlesen

Geheilt von der Gelbsucht

Rücksicht kann sich auszahlen. 1966 verständigte sich die große Koalition aus Union und SPD auf die Einführung des Mehrheitswahlrechts, die – so war es beabsichtigt – das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag nach sich gezogen hätte, die bis dahin keinen einzigen Wahlkreis gewonnen hatte. Bei der Abstimmung im CDU-Vorstand aber gab es ein Mitglied, das den Plan ablehnte. Der junge Helmut Kohl sagte Nein. Weiterlesen

Wer nicht kämpft, verliert

Roland Appel hat in einem kritischen Kommentar zu Ulrich Horn (in dessen Original-Blog post-von-horn.de) ein wichtiges Fass aufgemacht. Anders als ich kritisiert Roland Horns Kritik am Handeln der Bundesregierung scharf. Ein klassischer Fall von: beide haben recht. Denn Horn rezipiert das öffentlich sichtbare Handeln und Wirken der Regierung, Roland verteidigt das reale aber überwiegend nichtöffentliche Handeln. Dass sich beides nicht deckt, ist ein Problem der real kaum existierenden PR-Strategie der Ampelkoalition. Die fehlt, weil sich die Koalition im Handlungskern nicht einig ist, sondern ihr Handeln auch voreinander verbirgt, aus Angst attackiert zu werden. Weiterlesen

Lagerkoller

Ein Begriff nistet sich ein, der von Ferne an alte – Helmut Kohls – Zeiten erinnert, als noch „Lagerwahlkämpfe“ praktiziert wurden: CDU/CSU/FDP gegen SPD/Grüne. „Lagerübergreifend“ heißt er. Dieser Tage wird er gern verwendet, in denen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen über schwarz-grüne Koalitionen verhandelt wird. Mona Neubaur, demnächst stellvertretende Ministerpräsidentin der Grünen dort, äußerte, es gehe darum, „dass wir uns mit der CDU über eine Brücke die Hand reichen und lagerübergreifende Lösungen suchen“. Weiterlesen

Die Hoffnung nicht aufgeben

… auf eine gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur

Angesichts der Bilder von Tod und Zerstörung und der Angriffe der russischen Armee auf zivile Ziele in der Ukraine fällt es schwer, noch Chancen für Diplomatie zu erkennen. Dennoch darf die Möglichkeit für Gespräche nicht verschüttet werden. Verhandlungen und Mediation durch Dritte können in bestimmten Situationen einen gesichtswahrenden Ausstieg aus der Eskalationsspirale ermöglichen. Nur auf Eskalation zu setzen, kann alle Beteiligten in den Abgrund führen. Eine Ausweitung des Krieges ist mit allen Mitteln zu verhindern. Weiterlesen

Bonn vor 50 Jahren

Als Bonn noch Hauptstadt war, bewegte sich “die Politik” auch schon in einer Blase. Ganz ohne Smartphone und Internet. It’s the economy, stupid! Es war die Klassengesellschaft. Mann bevorzugte seinesgleichen. Die Politiker und Journalisten – Frauen kaum mitgemeint – bevorzugten ihre eigenen Kantinen und Kneipen. Als Student sah ich einmal Rut Brandt, die Gattin von Willy, am Nebentisch mit einer Freundin. Eine Mätresse des SPD-Dissidenten Karl-Heinz Hansen, ein ausnehmend netter Kerl, war mal mit mir in einer Arbeitsgruppe im Hauptseminar. Helmut Kohl hätte ich einmal überfahren können, als ich noch ein Auto hatte (Ende der 70er), und er am Langen Eugen vor mir über den Zebrastreifen ging. Weiterlesen

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