Beueler-Extradienst

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Schlagwort: Nationalversammlung

Dämpfer für Durchmarsch der République en Marche

Von Peter Wahl

Die neue Partei des französischen Präsidenten hat die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung gewonnen, wenn auch mit deutlich weniger Sitzen als vorausgesagt. Eine Sensation besonderer Art ist die historisch einmalig niedrige Wahlbeteiligung.

Der Rekord hat nicht lange gehalten. Im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen lag die Zahl der gültigen Stimmen bei 47,6%. Die absolute Mehrheit der Franzosen hatte nicht an den Wahlen teilgenommen oder ungültig gestimmt. Das war ein absoluter Tiefpunkt in der Geschichte der Fünften Republik. Eine Woche später, im zweiten Wahlgang, ist die Marke noch einmal um fast zehn Prozent gesunken, auf 38,4%.

Von den 23,2 Mio. abgegebenen Stimmen im ersten Wahlgang, in dem die Parteipräferenzen einigermaßen realistisch abgebildet werden, haben 28% der Macron-Partei ihre Stimmen gegeben. Nimmt man die 47,6 Mio. Wahlberechtigten als Bezugsgröße, hat Macrons La République en Marche (LREM) sogar nur 13,4% der Franzosen hinter sich.

Insofern sind die 308 Abgeordneten für LREM zwar eine bequeme absolute Mehrheit von 53% der Sitze, aber bei den vorherigen Wahlen 2012 war die PS sogar auf 314 Sitze gekommen. Im Mehrheitswahlrecht sind solche Ergebnisse nichts Außergewöhnliches. Zudem wissen wir gerade in Deutschland nur zu gut, dass eine zahlenmäßige Parlamentsmehrheit noch lange keine gesellschaftliche Mehrheit ist. Zwar kommen zu den Abgeordneten von LREM noch die 42 Sitze von MODEM, die ein Wahlbündnis mit Macron eingegangen sind. An der grotesken Verzerrung des Repräsentativitätsprinzips durch das Mehrheitswahlrecht ändert das aber nichts.

Angesichts dessen ist der Enthusiasmus der medialen Jubelperser Macrons etwas verhaltener geworden. Die neue Parlamentsmehrheit ist jetzt mit dem Makel eines enormen Legitimationsdefizit behaftet. Weiterlesen

GroKo à la française

Das sozialpolitische Profil der neuen Regierung in Paris
Von Peter Wahl

Der französische Präsident hat seine Regierungsmannschaft zusammengestellt. Die Zusammensetzung der Ministerriege lässt einige Rückschlüsse auf den zukünftigen Kurs zu.

Einschränkend muss man allerdings festhalten, dass das Kabinett sich nach der Wahl zur Nationalversammlung (11. und 18. Juni) schon wieder ändern könnte. Dann nämlich, wenn Macron keine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich bekommt. Er wäre dann zur Kohabitation gezwungen und müsste neben programmatischen Kompromissen auch personelle Zugeständnisse machen. Das kann so weit gehen, dass er einen Premierminister ernennen muss, den ihm eine Parlamentsmehrheit, anderer politischer Couleur diktiert.
Derzeit ist noch völlig offen, wie die Wahlen zur Nationalversammlung ausgehen. Fest steht auf alle Fälle, dass es für Macron nicht so leicht wird, wie bei der Präsidentschaftswahl, bei der mehr als die Hälfte seiner Wähler nur deshalb für ihn gestimmt haben, weil sie LePen verhindern wollten.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass die Zusammensetzung der Regierung ihrerseits für den Wahlkampf genutzt wird. So wird die Hofberichterstattung der großen Medien in Paris nicht müde, immer wieder zu verkünden, wie jung, dynamisch und innovativ der Neue sei. Übertroffen werden sie davon nur noch von ihren deutschen Kollegen. Weiterlesen

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