In Deutschland geht Klassenkampf, solange ich lebe, nie von links unten, sondern in besonders aggressiver Form von rechts oben aus. Wenn in der Politik nur noch aufgeblasene Langeweile herrscht – derzeit wird gerade die Luft aus der Martin-Schulz-Blase gelassen – dann finden vielsagende Kämpfe eben mal wieder auf gesellschaftlichen Nebenplätzen statt. Wobei der in diesem Fall gemeinte Fußball ja immer mehr in die Mitte gesellschaftlicher Aufmerksamkeit drängt.
Die Drahtzieher dieses Klassenkampfes stört es, dass immer noch so viele Prolls, die sich nicht zu benehmen wissen, im Publikum breit machen. Und was noch viel schlimmer ist: dass die sich organisieren und Mitsprache fordern.

Es gibt da einen Vordergrund, in Mönchengladbach z.B., wo sich Vereinsmanagement und Ultras wegen einer Choreograhie die Köpfe heiss diskutieren, bei einem Verein, bei dem die Ultras in dieser Saison eindeutig der stärkste Mannschaftsteil waren und sich durch Geringschätzung “belohnt” fühlen. In Hannover wird schon seit 20 Jahren von der Vereinsführung Krieg gegen die Ultras geführt. Angebermilliardär Kind, der den Laden schon so lange steuert, will jetzt endlich seine Ruhe vor Mitredenden haben, die “50+1”-Eindämmung von Investorenmacht im Verein nach überstandener Karenzzeit schleifen… Und dann? Von der Ersten in die Zweite Liga hat er den Verein schon geführt. Solls weiter in die Dritte gehen? Arminia Hannover wiederbelebt werden? Wo bleibt der Profi-Fußball in Niedersachsen, wenn VW erst abgesoffen ist?

Als Strategen des Klassenkampfes von oben sind zwei andere zu identifizieren: SAP-Milliardär Hopp in Sinsheim, der ohne Rücksicht auf sein öffentliches Ansehen, sein Beleidigtsein nicht nur öffentlich zelebriert, sondern darin seine ganze ökonomische und politische Macht investiert und sein williger Vollstrecker Christian Seifert, langgedienter Manager der Deutschen-Fußball-Liga (DFL). Den engagierten Fußball- und Fanfreund Andreas Rettig, heute Manager beim FC St. Pauli, hat er aus dem DFL-Apparat rausgebissen. Der hat zu viel mit Fan-Organisationen gesprochen.

Jetzt erklärt er den offenen Krieg gegen die Fans, die sich nicht freiwillig, wie er, vor Hopp u.a. Oligarchen in den Staub werfen. Der Profifussball will uns, seine Basis endlich loswerden, und endlich ganz oben bei denen ankommen, die sich für sowas Seltsames wie eine Gesellschaft (Thatcher: “There is no society!”) nicht mehr glauben interessieren zu müssen. Dafür muss der Milliardärsfussball seine gesellschaftliche Basis endlich loswerden. Wie in der richtigen Arbeitswelt ist sie in seinen Augen: überflüssig, stört das System.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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