Das wäre ja mal eine gute Nachricht; allein – mir fehlt der Glaube. Die FAZ verbreitet eine entsprechende Botschaft des Immobilienlobby-Instituts Empirica. Wie müssen wir diese Botschaft lesen?
Empirica, das liegt schon an seinen Auftraggebern, trägt eine Investorenbrille. Für die sind die lokalen und regionalen Märkte, auf denen der Preiswahnsinn galoppiert: das Paradies. Empirica scheint nun zu meinen: das Paradies – in Berlin, München, Stuttgart – hat Grenzen.
Das ökonomische Problem ist, dass der private Kapitalreichtum sehr Weniger explodiert ist. Das Kapital weiss nicht mehr wohin. Staatsanleihen, der “sichere Hafen”, werfen keine Zinsen ab. Aktiengeschäfte sind riskant und volatil (= je nach Unternehmen stark schwankend), wechselhafte Zeiten, immer weniger Sicherheit. Wo war es bisher politisch stabil, und die Preise – im Vergleich zu Hongkong, Luanda, New York, Paris und Moskau – “unterbewertet”? Auf dem deutschen Immobilienmarkt.
Auf dem gibt es ausserdem aktuell eine spektakuläre Verschiebung, der, wie üblich, die Politik noch überhaupt keine Rechnung trägt. In der Vergangenheit waren es Gewerbeimmobilien in Citylagen, die Extraprofite einfuhren. Nun wird aber der Einzelhandel von Onlineplattformen regelrecht auseinandergenommen. Inhabergeführter Einzelhandel stirbt weg; wer die Immobilie nicht selbst besitzt, kann sich die Miete nicht mehr leisten. Es folgen Franchise-Systeme, die um Standortmonopole kämpfen. Sie machen die Citylagen gleichförmig, verwechselbar und damit langweilig. Eine Antwort der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik auf diese Gefahren steht noch aus. Und folgt wahrscheinlich erst als Panikreaktion, wenn das Kind schon im Brunnen ist.
Grosse Immobilieninvestoren können sich im Gegensatz zur Kommunalpolitik fachkundige Beratung leisten und kaufen sie sich ein. D. h.: sie wissen schon Bescheid. Im Gewerbebereich toben sich gefrässige Dinosaurier und semikriminelle Geldwäscher aus. Seriöser und langfristig sicherer ist der Wohnungsmarkt. Folgerichtig ist die grössere Menge Kapital in diese Richtung geflossen. Die grössten Wohnungskonzerne boomten an der Börse. Es gab regelrechte Versteigerungen und Übernahmekämpfe um ihre Unternehmensanteile. Gewohnt wird immer. Und weil sich hier grosse Konzernkonglomerate bewegen, werden auch mal Luxuswohnungen auf Vorrat gekauft, Leerstände lassen sich von der Steuer absetzen. Am Ende bringen sie mehr Rendite, als Billigwohnungen für die nachfragearme Masse. Die machen als Mieter nur Arbeit. Da sollen sich die verarmten Kommunen mit rumschlagen.
Bis es überhaupt wieder Wohnungen mit bezahlbaren Mieten gibt, das kann dauern. Kommt die Bundesregierung überhaupt zustande? Wie wirksam ist das, was sie zum sozialen Wohnungsbau (im verlinkten Text ab S. 109) plant? Und wenn es wirksam ist: wann kommt es unten bei uns an? Aus Investorensicht droht da offensichtlich wenig Gefahr.
Ich sage Ihnen also voraus: Ihre Miete sinkt nicht.
Wenn wir das ändern wollen, ist mehr erforderlich als abstimmen und wählen. In Berlin haben das einige schon gemerkt. Bonn muss seiner kommunalen Wohnungsgesellschaft Vebowag mehr Rückenwind verschaffen. Es gibt wieder Genossenschaften und andere Alternativen gegen den wilden Markt. Es dauert, bis all das wirkt, es erfordert viel Hartnäckigkeit. Wer die aufbringt, hat eine Chance auf Gegenmacht.
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