Der Klimawandel beschäftigt uns. Hier soll mal nur von seine schönen Seiten die Rede sein. Wenn es im Oktober Tage mit 25 Grad und strahlender Sonne gibt, dann erleben wir ein schönes Licht und werden von der Lust getrieben, rauszugehen und uns draussen zu verabreden – es könnte ja das letzte Mal in diesem Jahr sein. Davon profitiert ein Ort, wie das Oliveto, einer der wenigen Orte wo Rheinuferidylle und Spitzenküche eine Verbindung eingegangen sind.
Ich habe vor fast genau einem Jahr hier ein Loblied abgeliefert. Ich machte seitdem einen weiteren Besuch bei kalter Witterung; ein Geburtstag wurde gefeiert. Das Lokalinnere war ausgebucht. Ich habe seinerzeit nicht darüber geschrieben. Es war ein Durchhänger, vor allem im fluktuationsbehafteten Servicebereich. Der Geräuschpegel war durch die vielen anwesenden gutgelaunten Menschen zu hoch.
Das kann ich nun revidieren. Das Oliveto konnte vielleicht nichts dafür, hat nur seinen Teil dazu beigetragen: der perfekte Tag. Nach ausgeschlafener Nacht erledigte ich bei sanfter Morgensonne meine Blogeinträge, in Erwartung eines mittäglichen Rendezvous mit einer meiner klugen, schönen Freundinnen aus diesem schönen Rheinland. Vom Hbf. aus, wo wir uns trafen, flanierten wir in der wärmenden Mittagssonne an der rummeligen City vorbei durch den durch die lange Trockenheit gut begehbaren Hofgarten Richtung Hotel Königshof. Die Hotelketten sind der entscheidende ökonomische Faktor, um ein Restaurant einer ehrgeizigen, teuren Koch- und Servicebrigade der Spitzenklasse quer zu finanzieren. (Alternativ muss der Koch*die Köchin im TV auftreten, und dort die nötigen Einnahmen akquirieren.) Auf der konkurrenzlosen Terrasse hatten wir die Wahl zwischen Sonne, Schatten, oder einer Mischung von beiden. Die Wärme hatte die 20 Grad überwunden, ein Wind wehte, ein Wetter, bei dem es uns als Menschen am besten geht.
In der Woche bietet das Oliveto, wie die gesamte Spitzengastronomie ein subventioniertes Lunchmenü an. Wir gingen in die Vollen, was gibt es Schöneres als ein ordentliches Mittagsräuschchen? Sie nahm vier (59 €), ich nahm drei Gänge (49 €, diese Tarife blieben zum Vorjahr unverändert, zzgl. Wein u.a. Getränke). Ohne Problem konnten wir eine Auswechslung im Hauptgang vornehmen: von der Kürbiskarte sprach uns der 48Std.-Schweinebauch an. Er schmeckte, als wenn das Schwein wirklich sehr glücklich gewesen sein und vor allem sehr aromatisch gefüttert worden sein muss. Keine Überwürzung mit irgendwas erforderlich, grossartig. Die schonende Langzeitgarung ist der Trick jeder Küche bei der Fleischzubereitung. Diese Zeit ist immer gut investiert. Der Kürbis dagegen verträgt umfangreiche Gewürzbegleitung umso besser – das sind den Variationen keine Geschmacksgrenzen gesetzt, drei hatten wir auf dem Teller.
Neben diesem Fleisch war der Höhepunkt des Menüs der aktuelle Sommelier, dieses Mal zur Abwechslung ein Mann. Diese Menschen müssen nicht nur viel von Wein verstehen, das sowieso. Sie müsse auch ihre Gäste richtig taxieren, denn diese Kommunikation entscheidet zusammen mit der Qualitätsarbeit der Küche über den Erfolg des Restaurantbesuches (die Terrasse war an diesem Herbsttag übrigens voll, ohne überfüllt zu sein, angenehm lockere Möblierung). Mithilfe des Sommeliers gab es einen Wein, den wir als Entdeckung des Tages würdigten, es gab ihn zur Steinpilzsuppe: ein Albarino. Wir lernten, dass es sich um eine spanische Weissweintraube handelt, die aus Deutschland kommt, und aktuell durch die Arbeit des Rheingauwinzers Künstler wieder in den hiesigen Anbau zurückkehrt.
Wenn es Sie mal zum Oliveto führt: probieren Sie den!
Und noch ein Albanien-Tipp
Welche gesellschaftspolitische Kraft gute Küche haben kann, demonstriert schon lange die von Italien ausgegangene globale Slowfood-Bewegung. Die zweitstärkste nationale Organisation hat sie, kaum zu glauben aber wahr, hierzulande. Aber es gibt sie (fast) überall. Mithilfe eines sehr, sehr starken Kochs wird sie sogar in Albanien zu einer prägenden Kraft. Fortschritt ist möglich. Beim Essen und Trinken fängt er an.
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