Das gestrige Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Klage einer wegen ihrer Nichtmitgliedschaft in der Kirche abgewiesenen qualifizierten Bewerberin für eine Stelle der Diakonie ist ein Meilenstein beim Abbau von mittelalterlichen Privilegien der Kirchen im Arbeitsrecht. Eine moderne multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft muss auf Grundlage eines säkularen Staats und einer ebensolchen Rechtsordnung funktionieren. Dem stehen bisher zahlreiche Privilegien der Kirchen, insbesondere im Arbeitsrecht entgegen. Mit der gestrigen Entscheidung, dass einer qualifizierten Bewerberin für eine befristete Stelle im Bereich der Entwicklungspolitik, die nur deshalb abgelehnt wurde, weil sie kein Mitglied der Evangelischen Kirche war, Schadenersatz zugesprochen wurde, hat das Bundesarbeitsgericht erstmals gegen die Interessen der Kirche und für die Europäische Gesetzgebung entschieden, die eine säkulare Rechtsordnung befürwortet.
So sehen das auch die Grünen im Bundestag, deren stv. Fraktionsvorsitzender Konstantin von Notz heute weitergehende Vorschläge angekündigt hat, um Diskriminierungen in Zukunft zu verringern:
“Das Gericht hat einmal mehr klargestellt: Auch kirchliche Arbeitgeber müssen ihre arbeitsrechtlichen Entscheidungen einer gerichtlichen Kontrolle unterwerfen. Dabei muss stets zwischen dem Recht auf Autonomie der Kirchen und dem Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewogen werden. Die Frage ist nicht nur für Konfessionslose, sondern auch für Andersgläubige, Homosexuelle und Wiederverheiratete von großer Bedeutung. Sie können sich nach deutschem Kirchenarbeitsrecht bisher nur bedingt auf das AGG berufen und werden daher häufig benachteiligt.”
Deshalb fordert von Notz, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgehend zu reformieren. § 9 AGG solle korrigiert werden, um das kirchliche Selbstbestimmungsrecht mit den Rechten der Beschäftigten in Einklang zu bringen. Eine entsprechende Initiative werden die Grünen demnächst erneut in den Bundestag einbringen.
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