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Finger weg von der Kunstfreiheit – Stoppt die Kriminalisierung politischer Kunst!

Dokumentation eines Offenen Briefes
Shermin Langhoff hat diese Petition an Justizminister*innen der Länder gestartet.

Gegen das „Zentrum für politische Schönheit“ ist wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermittelt worden. Das ist ein bedrohlicher Angriff auf die Meinungs- und Kunstfreiheit. Wir protestieren!

Mit Fassungslosigkeit mussten wir Anfang April zur Kenntnis nehmen, dass die thüringischen Straf- und Ermittlungsbehörden seit Ende November 2017 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Gera gegen das „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) nach § 129 StGB mit Blick auf den Verdacht zur „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermitteln. Das Ermittlungsverfahren wurde eine Woche nach Veröffentlichung der ZPS-Aktion „Deine Stele“, dem Bau einer Kopie des Holocaust-Mahnmals gegenüber des Wohnhauses von MdL Björn Höcke, eingeleitet. Die Kunstaktion „Deine Stele“ wurde im Rahmen des 3. Berliner Herbstsalons des Maxim Gorki Theaters präsentiert.

Im Februar 2018 urteilt das Landgericht Köln, dass die Aktion in allen wesentlichen Teilen von der Kunstfreiheit gedeckt ist. Das Ermittlungsverfahren wurde dessen ungeachtet nicht eingestellt.
Erst durch eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Landtag wird im März 2019 öffentlich, dass das Ermittlungsverfahren noch läuft.
Anfang April bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera dies. Bei diesem Sprecher handelt es sich um: Martin Zschächer. Investigative Recherchen von ZEIT und Süddeutscher Zeitung ergeben eine politische Nähe des Juristen zur AfD und legen nahe, dass er seine private politische Meinung nicht von seinen Entscheidungen als Jurist und leitendem Beamten einer exekutiven Behörde zu trennen vermag. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich diese Vorgänge in einem Bundesland abspielen, in dem die – vorsichtig formuliert – nachlässige Ermittlungsarbeit es nicht rechtzeitig verhinderte, dass eine echte „kriminelle Vereinigung“ wie die des mörderischen „NSU“ Rechtsterror-Netzwerks gefasst wird (bis heute sind die Vorgänge um den „NSU“ nicht vollständig aufgeklärt), ist der politisch motivierte An- und Eingriff in die Kunstfreiheit ein fatales Zeichen für die gesamte Zivilgesellschaft. Schließlich lebt eine offene Gesellschaft, eine liberale wie lebhafte und auch wehrhafte Demokratie nicht zuletzt von jenen Künstler*innen, die Politik und Gesellschaft den Spiegel vor Augen halten. Die Ignoranz, mit der Justizminister Lauinger – als Aufsichtsbehörde – meint, die Künstlergruppe sei quasi „selber schuld“, weil sie sich „selbst einer Straftat bezichtigt“ habe, macht in diesem Zusammenhang sprachlos.

Auch wenn das Verfahren nun nach 16 Monaten (!) Ermittlungstätigkeit eingestellt wurde, muss die Begründung verwundern: Noch immer wird von der Richtigkeit bzw. Rechtmäßigkeit des Verfahrens ausgegangen. Das ist schwer erträglich.

Daher fordern wir eine offizielle Entschuldigung der politisch Verantwortlichen sowie eine Erklärung, dass strafrechtliche Ermittlungen, die offensichtlich den Kernbereich der Kunstfreiheit berühren, in Zukunft unterbleiben!

Wir rufen die Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft dazu auf, lautstark zu protestieren, wenn unsere Grundrechte angegriffen oder sogar ausgehebelt werden. Wir sind zwar fassungslos, aber nicht verfassungslos!

Wir wenden und wehren uns in aller Form gegen eine das Gemeinwesen und die freiheitlich demokratische Grundordnung gefährdend Tendenz zur politisch-ideologischen Kriminalisierung von Kunst.

Erstunterzeichner*innen (Auswahl):
Shermin Langhoff, Intendantin Maxim Gorki Theater
Herbert Grönemeyer, Musiker
Jan Böhmermann, Satiriker
Saša Stanišić, Schriftsteller
Deniz Yücel, Journalist
Prof. Dr. Harald Welzer, Professor für Sozialpsychologie
Lea Rosh, Initiatorin des Holocaust Mahnmals in Berlin
Can Dündar, Journalist
Peter Steudtner, Menschenrechtler
Dani Levy, Regisseur
Robert Menasse, Schriftsteller
Sibylle Berg, Schriftstellerin
Matthias Lilienthal, Intendant Münchner Kammerspiele
Bela B Felsenheimer, Musiker
Daniel Richter, Künstler
Prof. Dr. Naika Foroutan, Sozialwissenschaftlerin
Fahri Yardim, Schauspieler
Prof. Dr. Herfried Münkler, Politikwissenschaftler
Clemens Schick, Schauspieler
Katja Riemann, Schauspielerin
Samuel Finzi, Schauspieler
Marc-Uwe Kling, Schriftsteller und Kabarettist
Prof. Dr. Peter Raue, Rechtsanwalt
Johannes Kahrs, MdB SPD
Jakob Augstein, Journalist
Falk Richter, Regisseur
Suse Marquardt , Casting Director
Margarete Stokowski, Schriftstellerin und Kolumnistin
Fabian Haslob, agentur players, Berlin
Mechthild Holter, agentur players, Berlin
Sasha Marianna Salzmann, Schriftsteller*in
Edgar Selge, Schauspieler
Arno Frank, Schriftsteller
Anna Thalbach, Schauspielerin
Kevin Kühnert, Bundesvorsitzender der Jusos
Cem Özdemir, GRÜNEN
Eva Mattes, Schauspielerin
Katja Kipping, Parteivorsitzende DIE LINKE
Martina Renner, stellv. Parteivorsitzende DIE LINKE
Sevim Dağdelen, stellv. Vorsitzende DIE LINKE im Bundestag
Jo Schück, Moderator und Journalist
Florian Schröder, Kabarettist
Deichkind, Musiker
Friedrich Küppersbusch, Journalist
Amelie Deuflhard, Intendantin Kampnagel Hamburg
Joachim Klement, Intendant Staatsschauspiel Dresden
Annemie Vanackere, Intendanz, und das Team des HAU Hebbel am Ufer
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
Carl Hegemann, Dramaturg
Sebastian Nübling, Theaterregisseur
Milo Rau, Theaterregisseur
İdil Baydar, Kabarettistin
Hans Werner Kroesinger, Theaterregisseur
Prof. Joseph Vogl, Literaturwissenschaftler
Prof. Bernhard Pörksen, Medienwissenschaftler
Rat für die Künste Berlin
Chris Dercon, Kurator
Johanna Adorján, Schriftstellerin
Daniel Knorr, Künstler
Yassin, Rapper/Musiker
Elisabeth Ruge, Lektorin
Oliver Polak, Komiker
Sonia Seymour Mikich, Journalistin / WDR-Chefredakteurin
Sophie Passmann, Schriftstellerin
Ali Can, Aktivist
Samira El Ouassil, Schriftstellerin
Ulrike Guérot, Publizistin
Martin Sonneborn, Gutmensch und Politiker
Ruben Neugebauer, Sea Watch
Olli Schulz, Musiker
Feine Sahne Fischfilet, Musiker
u.v.a.m.

Über Gastautor:innen (*):

Unter der Kennung "Gastautor:innen" fassen wir die unterschiedlichsten Beiträge externer Quellen zusammen, die wir dankbar im Beueler-Extradienst (wieder-)veröffentlichen dürfen. Die Autor*innen, Quellen und ggf. Lizenzen sind, soweit bekannt, jeweils im Beitrag vermerkt und/oder verlinkt.

Ein Kommentar

  1. Röösli Daniel

    Ich wünsche allen viel Freude an der Kunst. Künstler Daniel Röösli aus Luzern.

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