Sie wissen nicht, wer Bärbel Dieckmann ist? Dann sind Sie wohl unter 30. Fragen Sie Ihre Eltern. Oder wenn Ihnen das zu peinlich ist, unterziehen Sie sich der Mühe, die GA-Serie “Die Millionenfalle” zu lesen. Das dauert zwar, ist aber extrem informativ und ein besseres Drehbuch als Sie jemals als Krimi erlebt haben, nichts davon ist erfunden – Politik schlägt jede Fiktion. Dort spielt Frau Dieckmann die Hauptrolle, als Bonner Oberbürgermeisterin (1994-2009).
2006 beendete Frau Dieckmann eine “Ampelkoalition” (SPD mit Grünen und FDP) in dem Moment, als die Grünen in der Koalition eine Person für das Planungs-, Bau- und Verkehrsdezernat vorschlagen wollten, und begann lieber eine Koalition mit der CDU. Sie verhinderte so zwar die Besetzung des Dezernats durch eine von den Grünen vorgeschlagene Person; das geschah dann eine Amtsperiode später mit dem Ergebnis des heutigen Amtsinhabers Helmut Wiesner (CDU und FDP verhielten sich im Gegensatz zur SPD in der Koalition mit den Grünen wie geschäftsfähige Partner*innen). 2009 bescherte das von Dieckmann geschaffene Szenario den Grünen ein – für damalige Verhältnisse – traumhaftes Kommunalwahlergebnis von 18,6%.
Oberbürgermeisterin Dieckmann hatte ihr Amt 1994 durch die Stadtratsmehrheit von SPD und Grünen, 1999 durch Direktwahl in der Stichwahl und 2004 mit 57% im 1. Wahlgang erobert und behauptet. Ihre Wahlergebnisse ragten weit über jeweilige SPD-Stimmenanteile hinaus. Es ist keine gewagte Spekulation, dass die Mehrheit damaliger Grünen-Anhänger*innen ihr ihre Stimme gegeben hatte.
Dieckmanns heutiges Agieren muss als repräsentativ für den Zustand ihrer SPD angesehen werden: Bündnisunfähigkeit und Realitätsverleugnung, Denn sie, die den Trend der SPD-Wahlergebnisse führend mitverursacht hat (1994: 35,3%, 1999: 27,6%, 2004: 29,6%, 2009: 23,8%, 2014: 23,4%, Europawahl 2019: 15,4%), beteiligte sich an einer “Findungskommission” der Bonner SPD für eine OB-Kandidatin. Die Kommission wurde bei einer Adeligen aus Bornheim fündig: Alice von Bülow.
Die NRW-Landesregierung aus CDU und FDP hat mal wieder das Kommunalwahlgesetz geändert. Die Stichwahl bei der Direktwahl der OBs wurde wieder abgeschafft (es war noch vor der Europawahl). Damaliges Kalkül: die meisten einfachen Mehrheiten schaffe in den meisten Fällen eher die CDU als die SPD – 30% (oder weniger) reichen auch, wenn keine*r mehr hat. Jetzt könnte sich dieses bescheuerte Gesetz als Steilvorlage für Grüne OBs erweisen. Dass das Bärbel Dieckmann keine Ruhe lässt, davon können Sie ausgehen.
Wenn Sie nun zu den Jüngeren gehören, und meinen, so viel Kleinkariertheit kann doch heute nicht mehr möglich sein, dann müssen Sie der grausamen Wirklichkeit geradeaus ins Gesicht sehen: es ist noch viel schlimmer.
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