Ein Kulturbruch
Der vielgelesene Extradienst-Gastautor Günter Bannas war zum heutigen 65. Geburtstag Angela Merkels um 6.50 h auch im DLF zu hören. Er zeigt hier erneut seine exzellente Beobachtung. Da hat sich viel angesammelt. Der Kulturbruch von der maskulinistischen Dominanzkultur zu kühler Sachlichkeit mit eingebauter kalkulierter Langeweile ist richtig gesehen. Er ist in meinen Augen eine zeitgemässe Modernisierung des Politikbildes im gegenwärtigen alles auf Effizienz, Rendite und Beschleunigung trimmenden Kapitalismus.
Wie wenig dieser Kulturbruch ein Systembruch ist, das kommentiert Pascal Beucker/taz heute treffend anhand der Nominierung von AKK für den Schleudersitz des Rüstungsministeriums.
Frau Merkel ist für das kränkelnde System vermutlich genau die richtige Arznei. Die von Bannas genannten Männer verstehen das nicht. Die Zeit geht über sie hinweg. Es gibt jedoch ein kleines gallisches Dorf auf der anderen Seite des Atlantik, das mit dem Zaubertrank der Atomwaffen und der Weigerung, den Klimawandel zur Kenntnis zu nehmen, das kapitalistische Reich zerstören könnte.
Es wird regiert von einem würdigen Repräsentanten alter, weisser, Männer, der offensichtlich zum letzten Abwehrkampf rüstet. Mr. Trump ist dabei nicht so doof, wie er hierzulande erscheint und dargestellt wird. Die exzellente Frauke Steffens/FAZ beschreibt das genau richtig. Wie ein Pokerspieler geht er ins Risiko. Sein Kalkül: den politischen Diskurs so emotionalisieren, dass ökonomische und politische Macht-Fakten keine Rolle mehr spielen, nicht mehr zur Kenntnis genommen werden (können). Im rationalen Diskurs hätte er keine Chance. Darum muss er den verhindern. Das gelingt mit hoher Wahrscheinlichkeit. Gewonnen hat er damit noch nicht. Gewinnen wird, wer erfolgreicher mobilisiert.
Dass sich die Situation der demokratischen Öffentlichkeit und ihrer Kräfteverhältnisse in den USA so desolat darstellt, ist ein Symptom katastrophaler Schwäche. Sie werden die kommenden Handelskriege so nicht gewinnen können. Doch wer nimmt ihnen die Waffen ab, damit sie die nicht militärisch eskalieren?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net