Die grösste Gefahr für Superreiche: Öffentlichkeit
Reiche und Mächtige geben keine Interviews. Allenfalls gewähren sie sie. Aber nur äusserst selten. Der Trend geht dahin, sich Journalist*inn*en und andere PR-Arbeiter*innen zusammenzukaufen, und selbst Medien zu veranstalten. Wer was von einer*m will, darf dann gnädig das selbst produzierte Material verwenden. Das Schlimme an Demokratie ist ja, dass da jede*r Depp*in mitredet. Und zerredet. Entscheidungen aufhält. Andere Interessen ins Spiel bringt. Da kann sich der Grosskapitalist ja auch gleich selbst ins Knie schiessen.
Der deutsche Albrecht-Clan hat alle Hochs und Tiefs, die das scheue Reh Grosskapital so durchmachen kann, schon erlebt. Wie alle Superreichen, quält ihn der Gedanke, was er nur mit dem ganzen Geld machen soll. Er kann es doch nicht nutzlos irgendwo herumliegen lassen (oder gar verteilen, ogottogott). Also Immobilien. In Grossstädten gibt es jetzt zunehmend Ärger. Verstaatlichung, Vergesellschaftung, dirigistische Mietenpolitik, aufsässige Bürger*innen in jedem Viertel. Dann lieber Land. Im Osten, wo keine*r mehr wohnt, gibt es ganz viel davon. Schön industriell konfiguriert vom einstigen Sozialismus, gerade die richtige Tortenstück-Grösse für grössere Geldanlagen. Und so wird also Aldi jetzt Bauer in Ostdeutschland. Bis die Politik Mittel und Wege findet, Widerstand dagegen in Gesetze zu kanalisieren, ist die Rendite schon längst in die nächste oder übernächste Clangeneration vererbt. Wenn dort nur noch übriggebliebene Schlafmützen regieren, ist das ein Schlaraffenland für clevere Grossanleger*innen.

Die Sauds und ihr Aramco – das weltweit grösste Rad rollt zum Börsengang

In der Weltliga des Grosskapitals dominiert das Misstrauen. Was, wenn mein Gegenüber genauso ein A….loch ist, wie ich es bin? Dieser Gedanke bewegt den saudi-arabischen Prinzdespoten Mohammed Bin Salman. Ein erfolgreicher Börsengang seiner Staatsfirma Saudi Aramco ist für ihn und seinen Staat eine Frage von Leben und Tod. Um ein Bündnis mit der (noch) politisch mächtigsten Macht der Welt kommt er nicht herum. Aber ist der mittelfristig noch zu trauen? New York ist ein unsicheres Terrain geworden. Das musste sogar der globale Rivale (was den Superreichtum betrifft) Amazon zur Kenntnis nehmen. Und was ist, wenn der unberechenbare Donald seine Macht verspielt? An eine Kommunistin, ein Frau gar? Da lässt es sich in London mit den heruntergekommenen und darum abhängigeren Brit*inn*en besser Börse spielen. Die werden mir nicht mit demokratischen Gesetzen dazwischenzufunken wagen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net