von Annete Hauschild
Alkohol: Dual Use für den guten Zweck

Desinfektionsmittel werden händeringend gesucht. Die Hersteller können nicht so schnell nachliefern, wie die Nachfrage verlangt. Weltweit springen nun Schnapsbrenner ein und spenden den Grundstoff, schreibt die FAZ. Auf den britischen Inseln, den USA, Australien und Neuseeland, Kenia und Brasilien führt der Hersteller von Johnny Walker die Liste der edlen Spender an. In Frankreich ist es der Hersteller des Nationalgetränks Pernod. Auch Bacardi ist mit von der Partie, in der Karibik. Aber wo bleibt Havanna Club, der kubanische Konkurrent von Bacardi?

Auch in Deutschland tut sich was. Nach Gesprächen von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet mit Schnapsbrennern bekommt NRW bald wieder Virenkiller für die Hände.

Magenbitterhersteller Jägermeister tut was richtig Gutes und stellt fünfzigtausend Liter Ethylakohol (Ethanol) aus seinen Lagerbeständen für Desinfektionszwecke für das Klinikum Braunschweig zur Verfügung. Das ist ne Menge Stoff.

Berentzen, der Apfelschnapsproduzent, überlegt, wie er mit Alkohol Desinfektionsmittelhersteller unterstützen kann, ebenso der französische Spirituosenfabrikant Pernod Ricard.
Fehlt noch Eckes, in den 70er Jahren noch weitaus bekannt als „Eckes-Edelkirsch“ und Unterstützer rechter Parteien. Der frühere Hersteller süffigen Kirschlikörs hat mittlerweile sein Sortiment auf weniger Alkoholhaltiges und eher Fruchtiges umgestellt, heißt jetzt Eckes-Granini und kann daher nicht mehr mit Hochprozentigem aushelfen, sondern er unterstützt Sanitäter in Litauen mit großen Spenden von Apfelsaft.
Klosterfrau, früher bekannt als Klosterfrau Melissengeist, spendet dem Land NRW 100.000 Liter Handdesinfektionsmittel. Der Melissengeist war ehemals in Westdeutschlands Haushalten sehr verbreitet als freiverkäufliches Nervenberuhigungsmittel, sozusagen fester Bestandteil der Hausapotheke. Er wurde nicht in Massen genossen, aber wenn kein anderes geistiges Getränk mehr im Hause war, erinnerten sich hartgesottene Schnapsnasen und Quartalssäufer daran, dass irgendwo doch noch der Melissengeist … wo war er denn noch….
Und auch der Modekonzern Louis Vuitton zeigt sich von seiner sozialen Seite: er läßt Parfüm Düfte sein und produziert Desinfektionsmittel.
Nun hat Klosterfrau, wie wir wissen, seinen Ursprung in dem, was heute ganz modern als Health Care SpARTE bezeichnet wird, – die Firma hat in der Wikipedia eine sehr interessante Firmengeschichte eingestellt. Dazu gehört auch Selbstmedikation mit rezeptfreien Arzneien -, und daher auch das Know How der Herstellung von Desinfektionsmitteln
Aber die anderen Hersteller können nur den dringend benötigten hochprozentigen Grundstoff liefern.
Louis Vuitton, der Damenwelt bekannt durch edle (dufte) Düfte und sündhaft teure Taschen, die beide gerne nachgemacht werden, damit sich auch die ärmere Dame damit schmücken kann, weiß auch, wie man Körperpflegemittel herstellt. Also auch Handdesinfektion.

Die bremische Brauerei Becks hat sogar einen Teil ihrer Produktion umgestellt und produziert selbst Desinfektionsmittel.
Auch die Chemieindustrie will ihr Teil zur Bekämpfung der linken Bazillen beitragen, sie liefert Ethanol, Glycerin und H2O2 direkt an Apotheken. Die Badische Anilin- und Soda Fabrik BASF; stellt in ihren eigenen Anlagen in der Zentrale in Ludwigshafen Desinfektionsmittel her und will das auch in Schwarzheide in Ostdeutschland tun. Und gibt es kostenfrei aus. Die Kosmetikfirma Beiersdorf (Nivea, Labello), stellt 500 Tonnen Desinfektionsmittel in Europa zur Verfügung und unterstützt mit ihren Produkten die Feuerwehr und Apotheken am Unternehmenssitz in Hamburg.
Hier kann man sagen: Armin Laschet hat allen Grund, den Herstellern zu danken. Endlich wird Alkohol mal richtig sinnvoll eingesetzt.
Ob das aber freiwillige Spenden waren oder mehr oder weniger erzwungener Verzicht, das ist eine andere Frage.
Denn die Hersteller der Virenkiller haben, wie die FAZ ebenfalls schreibt, schon vor einiger Zeit in einem Brandbrief an Jens Spahn verlangt, dass der Alkohol, den die Ethanolhersteller an ihre Vertragskunden in der Spirituosenindustrie liefert wollten, umgelenkt werde an die Desinfektionshersteller. Und Spahn, so die FAZ, habe gesagt, dass die Medizinprodukteindustrie zur kritischen Infrastruktur gehöre, die absoluten Vorrang habe.

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