Das Ruhrgebiet von vorgestern: Steag beim Bundesverfassungsgericht
Aus welcher Welt mögen die nur entsprungen sein? Sie ist jedenfalls sehr dunkel. Die “Steinkohlen und Elektrizitäts AG” in Essen ist ein AG-gewordenes Monument des staatsmonpolistischen Kapitalismus. Hier versuchten, unter Führung der “Kanalarbeiter”-Strömung der Sozialdemokratie, Kommunalpolitiker*innen aller Parteien des Ruhrgebietes ihre feuchten Träume von Karriere und Herrschaft Wirklichkeit werden zu lassen. Auch vor Verbrechen scheuten sie dabei nicht zurück. Historische Selbsterforschung und Aufklärung darüber steht bis heute aus.
Aktuell haben sie sich eine Kopfnuss beim Bundesverfassungsgericht abgeholt. Ich habe mich, seit sie ihre vermaledeite Klage eingereicht haben, gefragt, wer da mit wem wieder alles nicht gesprochen hat, dass diese Figuren dem selbst schon vermaledeiten Kohlekompromiss immer noch nicht folgen wollten. Wenn das Ruhrgebiet meint, zuwenig Kompensation und Strukturhilfen für den Kohlekompromiss bekommen zu haben, warum tragen sie das nicht öffentlich in Parteien und Parlamenten aus? Warum greifen sie ihre Genossin, die Bundesumweltministerin, die gebürtig ebenfalls aus dem Ruhrgebiet (Hattingen) kommt, und dabei mehr gelernt hat als sie, nicht im öffentlichen Diskurs an? Dass wir alle sehen können, wie das dann ausgeht? Zu feige? Zuviel Ärger? Karriererisiken? Kämen in solchem Streit zuviele intrigengesteuerte Details ans Licht, was mann selber ausgefressen hat?
Ein Blick auf die Führung der Steag, Geschäftsführung und Aufsichtsrat, verrät, dass zahlreiche städtische Betriebe von Dinslaken bis Dortmund dort prominent vertreten sind. Einen alten Studienkonkurrenten, Andreas Reichel/FDP entdecke ich wieder, gegen den ich in den 70ern und 80ern zahlreiche Studentenparlamentswahlen gewonnen habe. Mit dem damaligen SLH war er dem RCDS der CDU immer ein treuer Koalitionspartner. Aber während seine FDP hier in Bonn eine relevante Partei war und ist – so sehr manche*r das bedauern mag – hat und hatte sie im Ruhrgebiet immer nur den Status einer Sekte. Dem Kollegen eine solche Karriereposition anzuvertrauen, was verrät uns das über die Strategien von SPD-Kanalarbeitern und IG-Bergbau-usw.-Funktionären?
So gesehen ein schöner später Sieg der Vernunft in Karlsruhe, der in seiner Interpretation für diese klagenden Zombies kaum blamabler hätte ausfallen können. Nun wäre es eine gute Idee für Fridays-For-Future-Aktivist*inn*en im Ruhrgebiet, die aktuellen OB-Kandidat*inn*en zur Kommunalwahl am 13.9. zu befragen, wie sie in Zukunft gedenken den Amoklauf der Steag gegen den mickrigen deutschen Klimaschutzbeitrag unter Kontrolle zu bringen.
Das Gegenbild: morgen
Was morgen kommen kann, und es gibt nur weniges was politisch derzeit relevanter ist, davon geben die Auseinandersetzungen und Koalitionen einen Eindruck, um die derzeit bei den US-Demokrat*inn*en gerungen wird. FAZ-Berichterstatter Majid Sattar, der schon als früherer Kollege von Extradienst-Gastautor Günter Bannas in Berlin seinen Sinn für politische Nuancen bewiesen hat, liefert nun auch in seinem USA-Job wichtige Informationen.
Lesen Sie zum politischen Geschehen in den USA auch die widersprüchlichen Analysen von Michael Tomasky/Blätter (Übersetzung Karl D. Bredthauer), der u.a. meint Joe Biden habe sich unter dem Eindruck des Virusgeschehens (positiv) verändert, und Branco Marcetic/Jacobin, der in Kamala Harris ein Symbol mangelhafter Veränderung sieht.
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