… aber ganz billig – Die Steueraffäre von US-Präsident Trump mag nicht überraschend sein, aber interessant ist sie schon. Und das gleich mehrfach
Wenn etwas quakt wie eine Ente und watschelt wie eine Ente, dann liegt der Verdacht nahe, dass es eine Ente ist. Wenn jemand auftritt wie ein Gangster und ein Wertesystem vertritt wie ein Gangster, dann – ja, genau. Überraschend ist die Steueraffäre von US-Präsident Donald Trump also nicht. Aber in mehrfacher Hinsicht trotzdem interessant.
Wenn irgendetwas an den Enthüllungen der New York Times stimmt – und die Dementis klingen seltsam matt –, dann ist Trump entweder ein Steuerbetrüger in großem Stil oder ein spektakulär erfolgloser Geschäftsmann, dem es in erstaunlicher Weise gelungen ist, das beträchtliche väterliche Erbe durchzubringen. Oder beides.
Es bedarf eines gerüttelt Maß an Fantasie, um sich auszumalen, wie es legal möglich sein soll, die eigene Tochter (oder auch irgendjemand sonst) einerseits fest anzustellen und ihr dennoch ein hohes Beraterhonorar zu zahlen. Richard Nixon sei ein Anfänger gewesen verglichen mit Donald Trump, sagte auf CNN ein ehemaliger Ermittler zornig, der in den 70er Jahren mit der Watergate-Affäre befasst war. Die hatte den früheren US-Präsidenten schließlich zum Rücktritt gezwungen. Nur durch die umstrittene Amnestie seines Nachfolgers Gerald Ford war er vor Strafverfolgung geschützt worden.
Gut möglich, dass Donald Trump derzeit nur durch sein Amt vor einer Gefängnisstrafe bewahrt wird. Ein amtierender Präsident darf nicht angeklagt werden. Aber wenn er die Wahl verliert, was ich inzwischen zu hoffen wage? Ob Joe Biden ihn begnadigen würde? Seltsame Vorstellung. Das Bild eines ehemaligen US-Präsidenten im Knast wäre allerdings nicht weniger wunderlich. Die Tatsache, dass Trump inzwischen ziemlich unverhohlen auf die Hilfe rechtsextremistischer Milizen setzt und offenbar wünscht, dass diese demokratische Wählerinnen und Wähler einschüchtern mögen, spricht für Verzweiflung.
421 Millionen Dollar Schulden soll Trump derzeit haben. Bei wem? Der größte Teil dieser Summe wird angeblich in den nächsten vier Jahren fällig. Geheimdienstler und führende Demokraten sehen darin ein Sicherheitsrisiko. Je nachdem, wer die Gläubiger seien, könne der Präsident dadurch erpressbar sein. Man stelle sich vor: Moskau! Oder Saudi-Arabien! Dass er Geschäfte in der Türkei macht, ist ohnehin bekannt.
Hm. Das Reizvolle an dieser Idee ist, dass die Motive für die Außenpolitik des Präsidenten und seinen Kuschelkurs mit Diktatoren endlich nachvollziehbar wären. Blöd nur, dass der zeitliche Ablauf irgendwie keinen Sinn macht, jedenfalls für mich nicht.
Trump hat laut New York Times bereits seit dem Jahr 2000 in zehn von fünfzehn Jahren keine Einkommensteuer gezahlt. In dieser Zeit war er Star einer TV-Show. Ja, er unterhält seit Langem Geschäftsbeziehungen mit Russland. Aber falls er dort Kredite aufgenommen hat, dann wurden die ihm ja wohl kaum nach dem Motto gewährt: „Oh, lasst uns diesem Fernsehmenschen viel Geld geben. Vielleicht wird er eines Tages Präsident, und dann haben wir ihn in der Hand.“ Ein bisschen genauer möchte man von den Verfechtern der Erpressungstheorie doch gern hören, wie sie sich das alles konkret vorstellen. Mir wabert da zu viel.
2016, im Jahr seiner Wahl, soll Trump 750 Dollar Einkommensteuer gezahlt haben. 750 Dollar. Selbst Geringverdiener müssen im Regelfall deutlich mehr bezahlen. Dem Präsidenten scheint die oft beschworene Liebe zu seinem Land nicht viel wert zu sein. Make America great again. Für siebenhundertfuffzig Dollar, bitte.
Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag. Lesen Sie zum gleichen Thema auch Branko Marcetic: “Ein Sozialist namens Trump” und Mirko Schmid: “Donald Trump in Angst: Was weiß der Ex-Wahlkampfleiter?” Danach wird die mutmassliche Virusinfektion des Herrn politisch gleich besser verständlich.
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