Was für ein Schreck: die ersten Sekunden bei Bewusstsein, die Augen noch gar nicht auf, und aus dem timergesteuert angesprungenen Radio tönt fast durchgehend meine Meinung und Empfindung. Wann hat es das zuletzt gegeben? Es muss die junge Bettina Böttinger gewesen sein. Sie moderierte ein Bonner Radio-Lokalfenster, das es nicht mehr gibt, auf einer WDR-Welle, die es nicht mehr gibt, einen Bonner Lokalpolitiker, den kurz danach verhafteten damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden und Stadtwerkechef in einer Person, Reiner Schreiber – und machte ihn rhetorisch lehrbuchmässig und live auf dem Sender zur Schnecke – das muss damals auch so rund um 7 Uhr herum gewesen sein. Unvergesslich, Pflichtcurriculum für eine gute Journalist*inn*enausbildung.
Heute morgen also Heribert Prantl im DLF. Ich weiss um einige seiner menschlichen Schwächen. Ich weiss, dass viele an ihm ein Überschuss an Pathos stört. Ich staunte über das hörbar innere Beben, das der – wie ich – alte Mann morgens um 6.50 h live auf den Sender brachte, zu einer Zeit, zu der ich noch keine ganzen Sätze sprechen kann. Aber es machte mich sekundenschnell so wach, dass ich feststellen konnte: ja, genau meine Meinung.
Wie konnte es zu einer so weitgehenden Abdankung der verfassungsmässigen Legislative kommen? Was jetzt in der Coronapandemie für alle politisch Denkenden akut geworden ist, ist in meinem Fachgebiet Medienpolitik schon seit Jahrzehnten spürbar: die totale Abwesenheit der Bereitschaft, für irgendwas Verantwortung zu übernehmen. Wenn was schiefgeht, will mann*frau es nicht gewesen sein. Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsident*inn*en beziehen exakt daraus ihre öffentliche Autorität: dass sie als Letzte erfolgreich simulieren, Verantwortung zu übernehmen, und daraus immer mehr Befugnisse ableiten, die keine Verfassung für sie vorgesehen hat. Manchen von ihnen, der Bundeskanzlerin z.B., ist das Genervtsein jederzeit anzusehen; andere gefallen sich im Rollenspiel des gestrengen Volkserziehers, z.B. Markus Söder; ein Rollenbild von vorgestern, aber unter den Wähler*inne*n bilden die Alten ja die Mehrheit.
Meinen Reim darauf habe ich mir in den letzten Jahren gemacht.
Geschichte wird gemacht
Bernardine Evaristo ist kein Jungstar, wird aber gerade jetzt von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen. Sie steht als Literaturstar für die Vielen, die zu lange gesellschaftlich ignoriert in der Unsichtbarkeit verharren mussten, und das jetzt aufknacken. Mrs. Evaristo weiss sehr gut darüber Bescheid, ein lesenswertes taz-Interview.
Der Hund als “Schneeräumer”
Viele meinen ja, die beste taz-Seite sei immer die Letzte: die Wahrheit. Dort ist der heutige “Tom des Tages”-Comic dem Haushalt meines Bruders und Webmasters gewidmet. In Westfalen sollen sie eingeschneit sein, es gibt Beweisfotos. Hier in Beuel werde ich bei schönstem Sonnenschein und menschenrechtswidrigen Frosttemperaturen den Stand des glücklicherweise zurückgehenden Hochwassers (Pegelstand Bonn, 12 h: 6,89 m, “fallend”) überprüfen. Ohne Hund.
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