Er ist jetzt schon über ein halbes Jahr alt. Ich habe mir damals einen Wolf gesucht, um Unterlagen der entsprechenden Böll-Stiftungs-Tagung, die in der Nähe von Polen angesiedelt war, im Internet zu finden. Nun hat die Medienkorrespondenz den dort gehaltenen Vortrag von Lutz Hachmeister “Die Dämmerung des dualen Systems – Über einen notwendigen Entwicklungssprung in der Medienpolitik”, dokumentiert. Das Werk ist also gut abgehangen, und leider, leider, wie es klassisch für die gegenwärtige deutsche Medienpolitik ist, ist es akut geblieben.
Ich kenne den Hachmeister seit 40 Jahren. Von etlichen menschlichen Schwächen habe ich gehört, manches hat sich rausgewachsen, anderes nicht. Blitzgescheit ist er geblieben, zu strategischem Denken, einer aussterbenden Fähigkeit, jederzeit in der Lage. Was er mit dem Alter verloren hat, ist Aggressivität. Der Tod dieser Aggressivität ist die Resignation. Das dokumentierte Referat ist in dieser Hinsicht eine Wasserstandsmeldung und Bestandsaufnahme.
Wesentliche Bestandteile des deutschen Mediensystems wurden diesem Land nach seiner Befreiung vom Faschismus 1945 von den alliierten Besatzungsmächten, im Westen federführend von der britischen geschenkt. Ein epochales Geschenk. Was haben “wir” seitdem daraus gemacht? – Von Boris Johnson will ich hier jetzt lieber schweigen! – Die deutsche Politik hat Medienpolitik nie gesellschaftspolitisch, als die Gesellschaft und den Staat konstituierend aufgefasst. Das hat immer nur das Bundesverfassungsgericht getan. Für die politische Klasse war Medienpolitik ein Instrument zur eigenen Machtsicherung, mehr nicht. So ist sie dann so geworden, wie Hachmeister sie treffend beschreibt.
Was er mit dem Beispiel Bertelsmann (von Platz 1 auf 16) beschreibt, gilt für den Entwicklungsstand unseres Landes: wie durch ein Mikroskop lässt sich in der Medienpolitik betrachten, wie Deutschland den Anschluss an die Entwicklung der Welt verliert. Dabei könnte die Welt an einer Alternative zum US-amerikanischen und chinesischen Entwicklungsmodell Gefallen finden. Wer arbeitet daran? Flinten-Uschi? Oder wirklich Söder? Lohnt es sich dafür morgens aufzustehen?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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