Heute hätte ich fast den Maschinenraumchef durch einen Herzinfarkt verloren. “Systemabsturz” stand bei ihm in der Betreffzeile. Dabei war gar kein Betriebssystem und auch keine Software gemeint. Sondern nur das politische System, die Demokratie, bzw. was von ihr noch übrig ist. Also vergleichsweise unbedeutend. Dabei gings mir zur Abwechslung mal nicht um den Ukrainekrieg oder irgendwelche Verschwörungen von Grossmächten, sondern um die Coronapolitik, ein bisschen um die grösste deutsche Massenorganisation (DFB) und die Beweglichste aller öffentlich-rechtlichen Medienanstalten, das ZDF.
Letztere beide waren nur Illustration und Garnierung. Das Absurdeste ist die Inverhältnissetzung zwischen monströsen Infektionsrekordzahlen und einer FDP-artigen “Lockerungs”-Politik. Wissenschaftsorientiert? Evidenzbasiert? Werteorientiert? Über was davon müssen Sie am meisten lachen?
“Weitere Texte zum Krieg” gibts in Unmengen. Gute nicht so viele. Ich fand heute zwei: von Paul Schäfer, einem alten Friedenswissenschaftskollegen, selbstreflektiert, zweifelnd, abwägend – nicht binär denkend. Das treibt manche seiner “linken” Freund*inn*e*n die Wände hoch. Grade darum besonders gut. Am Abend ging bei mir ein neuer Text von Hanspeter Knirsch ein: “Wir brauchen irgendeinen schmutzigen Deal!”. Den finden Sie im Beueler Extradienst kurz nach Mitternacht.
Immer sehr erfreut bin ich über neue Veröffentlichungen der Otto Brenner Stiftung. Mit einer Generalerlaubnis meines alten Studienfreundes Jupp Legrand, mit dem ich gelegentlich sogar zusammen Fussballspielen durfte, darf ich die Veröffentlichungen der Stiftung, die alle komplett online kostenfrei zugänglich sind, im Extradienst übernehmen. Heute ging es um “Framing in der Wirtschaftsberichterstattung”. Wie beim o.g. “Systemabsturz” wirft die Studie erneut die Frage auf, warum wissenschaftliche Erkenntnisse so langsam (oder gar nicht?) Zugang in den vermachteten Mediendiskurs finden.
Bei uns im Rheinland ziehen heute Nacht wärmende Wolken auf, die uns vor Frosttemperaturen schützen. Niederschläge sollen morgen “die Waldbrandgefahr senken”. Seien Sie also dankbar, wenn es ausgerechnet Sie erwischt. Der Rheinpegel Bonn misst gegenwärtig 218 cm. Ob im Sommer noch was übrig ist? Sichern Sie Ihre Wasserversorgung. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt wird und bleibt es eng. Wenn Elon Musk in der Nähe ist, wirds gefährlich.
Bleiben sie wach, nicht heute Nacht, aber im Kopf.
Freundliche Grüße
Martin Böttger
Lieber Herr-Ausgeber: Haha! Du hast deinen Leser:innen vorenthalten, dass wir nur wenige Minuten bevor du diese Überschrift publiziertest ein umfassendes Versionsupdate des Extradienst-CMS eingespielt haben. Da rechnet dieser Mann bei einer Email mit der Betreffzeile “Extradienst: Systemabsturz?” natürlich mit dem Schlimmsten! Wäre ja nicht das erste Mal gewesen.
Aber damit hast du auch die Mechanik des erfolgreichen Email-Spams und Click-Bait exemplarisch belegt. Wenn die Überschrift die Leute emotional betrifft, dann haben die Spammer:innen schon mal eine offene Tür. Wobei der Extradienst-Newsletter sicher unter keine Spamfilter-Kategorie fällt, weder inhaltlich noch strukturell. Bei Zensur-Filtern wär’ das sicher was anderes… Damit musste ich mich, zum Glück, noch nicht auseinandersetzen.