In diesen Tagen bin ich froh, wenn es stellenweise gelingt, sich mit anderen Themen und Problemen zu beschäftigen als dem Krieg. Obwohl auch diese Klage nicht sachgerecht ist. Kriege gab es in all den Jahren, in denen sie die meisten von uns nicht die Bohne interessierten, sie jedenfalls in deutschen Medien nicht gezeigt wurden, auch. Das soll die aktuelle Empathie für Kriegsopfer und Flüchtlinge nicht schmälern, im Gegenteil, zeigt aber bedenkliche Stimmungsschwankungen. die mehr über deutsche Medien und veröffentlichte Meinungen aussagen.

Seit russisches Militär die Ukraine bombardiert und in sie einmarschiert, ist das Publikum dieses Blogs jedenfalls sehr vergrössert worden. Der Grund sind Texte, die woanders nur noch selten aufzufinden sind, an der Spitze die von Andreas Zumach. Der wirbt seinerseits bei seinen Veranstaltungen für die Lektüre des Extradienstes.

Zur Kriegsdebatte gab es heute zweimal Roland Appel. In “Medienbellizismus II” setzt er sich mit dem Rollenverständnis heutiger Journalist*inn*en auseinander. Er sieht – wie ich – ein Missverhältnis. Zahlreiche Veteran*inn*en der früheren West-BRD empfanden eine politische Verantwortung für ihr berufliches Tun, versuchten aber nicht zu Politik-Influencer*inn*e*n zu mutieren – heute ist es umgekehrt. In “Gewaltfreier Widerstand?” diskutiert er mögliche Alternativen zum Widerstand “bis zum letzten Mann”. Eine ausführliche Einlassung von Jürgen Trittin veröffentlichte an diesem Wochenende der DLF – hier von mir in “Putsch?” gewürdigt, ebenso wie ein “Lob der Feigheit”-Text in der Berliner Zeitung. Und Günter Bannas zollte in “Papierpuma” der Weisheit des Koalitionsvertrages der Ampelkoalition Respekt; auch Trittin bezog sich in seinen Interviewausführungen immer wieder auf ebendiesen.

Mal was Anderes? Katika Kühnrech ruft zum Widerstand gegen die digitale Gesichtserkennung und zunehmende körperliche Durchvermessung der Individuen auf, die schon lange keine chinesische Besonderheit mehr sind: “Digitale Selbstverteidigung” mit zahlreichen Links zu Gruppen, die sich hier schon engagieren.

Maschinenraum-Chef Klaus Böttger würdigt Keith Moon, den zweitbesten Schlagzeuger aller Zeiten, langjährig in den Diensten der Rockband “The Who”. 3sat hält einen Konzertfilm von 1978 in der Mediathek verfügbar, der die Kunst dieser Band bewundern lässt. In “If you don’t like it, you can fuck off!” finden Sie alle Infos und Links. Wenn Sie nicht morgen arbeiten müssen, wäre das doch ein feines Nachtprogramm. Allerdings funktioniert es wohl nur, wenn Sie gut schallisoliert wohnen. Denn es muss laut gehört werden.

Einen sarkastischen Text von Heiner Jüttner mit dem Titel “Wohnungs-Los” finden Sie hier kurz nach Mitternacht. Er wäre zum Lachen, wenn das Thema nicht ernst wäre.

In diesem Sinne eine gute Nacht und
freundliche Grüße auch an Ihre Nachbar*inne*n,
Martin Böttger

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net