Im Frauenfussball sind die Männer den Frauen voraus – noch

Frank Hellmann/FR deutet in seiner Analyse “100 Tage nach dem EM-Finale: Wie ist der Stand im deutschen Frauenfußball?” eine zarte Blüte an. Das EM-Finale – mit deutscher Beteiligung und Niederlage (wie seit 1966 in England mit Schiri-Fehlentscheidungen) – übertraf mit seiner TV-Quote Männer-Länderspiele um das Doppelte. Ein Zeugnis des Fussballsachverstandes des Publikums. Der Bundesligazuschauerschnitt hat sich auf niedrigem Niveau von 800 auf 2.800 vervielfacht.

Die Beurteilung der Heim-WM 2011 sehe ich anders als in Hellmanns Text. Sie war im TV ein ähnlicher Publikumserfolg, und sportlich zu ihrer Zeit absolut hochwertig. Es haben nur die “Falschen” gewonnen. Japan wurde gerechte Weltmeisterin. Sie gewannen damals mit einem Fussball, der dem heutigen von Union Berlin der Männer ähnelt (ausser letzten Sonntag in Leverkusen): mangelnde Starqualitäten und Prinzessinnenmangel wurde kompensiert durch bedingungslose Kampfbereitschaft und 100% Teamgeist. Die technischen Qualitäten der Japanerinnen waren damals schon vorbildliche Weltklasse – Ausweis gründlichen harten Trainings. Es ist erlernbar.

Die Mädchen, die das hierzulande zu besten Sendezeiten gesehen hatten, rannten nach dem Turnier den Fussballvereinen die Türen ein. Nur, dass dort leider keiner zuhause war. Was soll ein deutscher Verein mit all diesen verrückten Mädchen anstellen? Das überstieg damals normalmännliche Intelligenz. So und nicht anders wurde diese Chance vergeigt. Ich persönlich habe seinerzeit vergeblich führende Funktionäre des Bonner SC, deutscher Frauenfussballmeister 1975 (mit Torschützin des Monats Beverly Ranger), auf die Chance hingewiesen. Sie verstanden nicht. Jetzt rollt der FC Köln das regionale Feld auf.

Clásico: 4:0 für Barca, auswärts!

Nach Zuschauer*inne*n gewertet sogar 90:5. Der franquistische spanische Faschismus hat in Madrid immer noch ein gemütliches Zuhause. Wenn es sportlich nicht funktioniert, muss den demokratischen Katalaninnen auf andere Weise gezeigt werden, wer das Sagen hat. Diese verantwortungsvolle Rolle fiel Luis Manuel Rubiales Béjar zu, dem 15 Nationalspielerinnen in die Falle gingen.

Sie beschwerten sich in einem gemeinsamen Schreiben an die Verbandsführung über den übergriffigen Trainer. Und gaben damit dem Señor Rubiales eine Waffe in die Hand. Der stach das Schreiben persönlich den Medien durch, selbstverständlich mit seinem eigenen “Frame” (Rahmen) versehen: das sei eine Revolte, die er hiermit zurückschlage und alle unterzeichnenden Spielerinnen aus dem Nationalteam feuerte. Die hatten damit die Kontrolle über ihr eigenes verbandsinternes Vorgehen komplett verloren. Dä.

Dass Spanien so nicht Weltmeisterin werden kann, dass er seinen Trainer so zusätzlich desavouierte, ist dem Señor Rubiales selbstverständlich alles Wurst. Das Geld spielt mit den Männern. Und die Frauen wachsen einem eines Tages sowieso über den Kopf. Das dann lieber irgendwann später … Wir sind doch nicht in Amerika.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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