Diese Überschrift ist geklaut, von einem schönen Transparent in Berlin-Kreuzberg. Was von dort berichtet wird, ist überall in diesem reichen Land. Das Kapital braucht Wachstum. Das verträgt sich nicht mit lebenslangen Mietverhältnissen. Meine Grosseltern sind – zu ihrem Glück – schon tot. Sonst würden sie es im Zentrum des Ruhrgebietes, in Essen-Karnap an der Emscher, jetzt ähnlich erleben.
Die Wohnungsgesellschaft Vivawest hatte mal, noch unter anderen Namen, im Ruhrgebiet ein gutes Ansehen unter Mieter*inne*n und Wohnungssuchenden. Ihre Gesellschafterstruktur, mit einer wichtigen DGB-Gewerkschaft darunter, spiegelt den alten BRD-Korporatismus aus den Zeiten, als Kohle und Stahl noch mit “Wirtschaftswunder” gleichgesetzt wurden. Diese Zeiten sind schon lange aus dem Ruhrgebiet geflohen, ebenso Leute wie ich.
Meine Grosseltern wohnten im ersten Stock des Osterbruch 7. Ihre Wohnung gehörte zu einer – äusserlich betrachtet – idyllischen Siedlung mit begrünten und in Kleingartenparzellen aufgeteilten Innenräumen. Immer wieder mussten in den Jahrzehnten der Vergangenheit alte Bäume gefällt werden, weil sie in der real existierenden Luft und auf ebensolchen Böden erkrankten und zu einer Gefahr für Menschen und Verkehr wurden.
Die Attraktivität der Wohnungen war und ist ihre Preisgünstigkeit. Meine Grosseltern heizten Wohnküche und Bad (das Wasser) mit Kohleöfen. Schlafzimmer und Kinderzimmer blieben unbeheizt, bzw. wurden durch die Abwärme der Wohnküche mitbeheizt. Inwieweit seitdem (70er) saniert wurde, weiss ich nicht. Wie meine Grosseltern in ihrer Wohnung zwei Kinder grossziehen konnten, blieb mir rätselhaft. Zu zweit dagegen waren die Wohnungen gut. Für damalige Verhältnisse.
Warum hat die Vivawest die bestehenden Wohnungen nun nicht auf heutige Standards hochmodernisiert? Tja, das ist immer mit viel Aufwand und Ärger verbunden. Und die Bebauung ist auf den bestehenden Flächen allzu aufgelockert. Da lässt sich immobilienökonomisch und -kapitalistisch bedeutend mehr Rendite rausholen.
Zu Zeiten meiner Grosseltern hätte es womöglich mehr Widerstand gegeben – Gewerkschaft und SPD hätten so ein Vorgehen nicht zugelassen. Der soziale Zusammenhalt in den Siedlungen ist seitdem überall im Ruhrgebiet schwächer geworden. Die Nachbar*inne*n sind nicht mehr Arbeitskolleg*inn*en, sie kennen sich weder aus gemeinsamer Partei noch Gewerkschaft, die Kirchengemeinden als Basis der alten CDU sind ebenfalls geschlossen. In die verbliebenen Sportvereine gehen höchstens noch die Kinder. Die heutigen Bewohner*innen gehen verschiedensten Berufen mit ebenso verschiedenen Arbeitszeiten nach, viele kennen sich höchstens vom Grüssen im Treppenhaus. Das alles schwächt die Widerstandskraft gegen Konzernstrategien. Und die Vivawest weiss das. Wie jeder andere Konzern auch.
Was das für Gesellschaft und Demokratie bedeutet, ist den Handelnden egal. Machen doch alle so. Oder hat Sie jemand gefragt, ob Sie Panzer liefern wollen?
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