“Vernünftige aller Länder – vereinigt euch!” war mein Lieblingstransparent auf der Anti-Kriegs-Demo gestern in Köln.

Die Ausrichtung war ähnlich der Berliner Kundgebung “Aufstand für den Frieden”, allerdings mit eigenem Aufruf, der es Rechtsradikalen speziell mit der Forderung “Asyl für alle Kriegsdienstverweigerer, Deserteure und alle Menschen, die vor Kriegen fliehen und gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht in der Bundesrepublik.” schwer machte, zuzustimmen. Da ich aber nicht darauf vertraue, dass Nazis oder Putin-Freunde sonstiger Couleur wirklich Aufrufe bis zu Ende lesen, war ich mit dem festen Vorsatz zur Auftaktkundgebung unterwegs, bei etwaigen Deutschland- oder Russland-Fahnen zuerst einen Eklat zu provozieren und dann umzudrehen. Beides bleib mit erspart – zum Glück.

Die Demonstrationsleitung wies mehrfach darauf hin, dass jegliche Nationalfahnen unerwünscht seien, die Rednerinnen, u.a. Margot Käßmann forderten unter Applaus Solidarität mit den Kriegsdienstverweigerer und Deserteuren beider Seiten.

Man kann sich darüber streiten, ob die dort vertretene Wahrnehmung “Konfrontation zweier Großmächte auf Kosten der Ukraine” die richtige ist (ich teile sie), aber die Diskreditierung der Veranstaltung als “rechtsoffen” hat nichts mit der Realität zu tun.

Mit dieser Erfahrung betrachte ich auch die diffamierende Berichterstattung zur Berliner Kundgebung “Aufstand für den Frieden” mit Skepsis. Nach allem, was ich weiss, waren auch dort jegliche Nationalfahnen unerwünscht und Teilnehmer der Kundgebung haben versucht Jürgen Elsässer hinaus zu drängen, der sich von der Polizei schützen liess.

Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein, die von mir geschätzt ca. 1.500 Teilnehmenden waren der harte Kern der “alten” Friedensbewegung. Das Adjektiv “alt” beschreibt ein doppeltes Problem, den Altersdurchschnitt würde ich auf 60+ schätzen. Das politische Spektrum umfasste wie in den 80ern Linke aller (auch sehr seltsamer) Ausrichtung, Christen, Hippies, etc. abzüglich der Grünen.

Mir ist völlig unklar, wie sich die klimapolitisch sozialisierte Jugend zur Frage des Militarismus einordnet, ob die diese Frage ausblenden? Oder erst klimaneutral Putin und China niederringen wollen, bevor man sich mit der NATO beschäftigt?

Also jede/r, die (zu recht) bei Wagenknecht/Schwarzer was zu moppern hat, ohne mit der NATO im Schützengraben zu sitzen, könnte jetzt mal in die Hufe kommen.

Schafft Öffentlichkeit für unsere Anliegen (danke für diesen Blog) organisiert Veranstaltungen mit Deserteuren, nervt eure Kinder, nervt eure politischen Abgesandten, nervt die Scheuklappen-Medien (meine Wahl), klebt euch mit Kartoffelpüree bei Rheinmetall ans Werkstor oder macht dort furchtbare Blasmusik (meine Wahl, wer macht mit?).

Über Peter Kramer / Gastautor:

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