Wieviel Sozialpolitik steckt eigentlich im BSW?
Sozialpolitik ist ein besonderes Politikfeld. Es ist vom Umfang her riesig groß, auch was den Anteil am Staatshaushalt angeht – die Etats sind mit einigem Recht ziemlich groß. Auch die Politikmenschen, die sich hier engagieren, bilden eine eigene „Spezies“, die man irgendwie schon von weitem erkennt. Ich denke an Karl-Josef Laumann, Regine Hildebrandt, Norbert Blüm oder ganz früher an Marie Juchacz von der SPD.
Warum denke ich nicht an Sahra Wagenknecht? Sie schwärzt doch immer wieder eine sogenannte „Lifestyle“-Linke an, die die Probleme der „kleinen Leute“ vergessen habe und über die Köpfe dieser Menschen hinweg rede, während sie selbst ganz nahe dran sei „an den Menschen“.
Irgendwie habe ich Wagenknecht diesen Gestus nie abgenommen. Genau besehen sieht sie auch nicht so aus, wie die oben genannten „Kümmerer“ der Sozialpolitik – auch und gerade nicht von den „Lifestyle“-Attributen her. Sozialpolitik ist ein aufreibendes, mitunter kleinteiliges, oft dröges und bürokratisches Geschäft. Wer sich da reinstürzt, braucht ziemlich starke Motivationen, um sich das dauerhaft „anzutun“.
Seit der Miosga-Sendung von gestern wissen wir, dass es bereits mit den anschaulichen sozialpolitischen Kenntnissen der BSW-Frontfrau nicht weit her ist. Das, was Wagenknecht über das Leben der „kleinen Leute“ weiß, will sie – nach eigenem Bekunden – aus Gesprächen auf „Flughäfen“ und Mailkontakten haben. Sie will auch einmal mit jemandem gesprochen haben, der eine Tafel organisiert. Aber wann genau sie das letzte Mal selbst bei einer Tafel anwesend war, dazu konnte sie nichts sagen. Auch die wichtigen Sozialorganisationen in ihrem Bundesland (NRW) und sonstwo in der Republik hatten noch keinen Kontakt mit ihr. Das alles riecht nach gelebter Ferne zu sozialen Brennpunkten und nicht nach erfahrungsgesättigtem Handeln.
Frau Wagenknecht und ihr „Bündnis“ sind eine Mogelpackung. Wenn man gezielter nachfragt und sich nicht rhetorisch einlullen lässt, kommt man schnell dahinter. Gut, dass Caren Miosga heute einmal beharrlich blieb. Bisher hat sie sogar mit AfD-Vorsitzenden eher Wohlfühlsendungen veranstaltet. Das kann nicht Aufgabe eines kritischen Journalismus sein.
Lutz Heuken/Blog der Republik hat es auch geguckt:
https://www.blog-der-republik.de/talk-bei-miosga-die-entlarvung-der-sahra-wagenknecht/
Der Kollege war immerhin in seiner berufsaktiven Zeit als WAZ-Ressortleiter schon gegen den Kosovo-Krieg 1999 – er hat also meinen Respekt.
Die beste medienkritische Analyse der Medienpersönlichkeit Wagenknecht gibt es hier von Matthias Dell:
https://www.deutschlandfunk.de/kolumne-polit-influencerin-sahra-wagenknecht-dlf-82908911-100.html
(Audio 5 min)
Ich habe mich auch dazu hinreißen lassen, diesen Link auf zu rufen. Nach 30 min hab ich allerdings dieses Interview a la “Frau im Spiegel”, “Praline” abgeschaltet.
Ja ist lange her: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Gaus_im_Gespr%C3%A4ch_mit_Rudi_Dutschke
PS: Was der Dell da sagen will ist mir nicht ganz klar geworden, außer das er seinen Job bei dlf nicht aufs Spiel setzen will. Okay, mann muß auch manchmal an sein “fin du mois” denken
Matthias Dell hat beim DLF keinen “Job”, sondern lediglich eine kostensparende – für meinen Geschmack allzu seltene – Kolumne. Als er noch Redakteur bei “Freitag” war, war er für kurze Zeit mein “betreuender” Redakteur, als ich meinerseits dort eine Kolumne hatte. Ich kann daher versichern: was er sagt, meint er auch.