Die Bundestagspräsidentin hat am abgelaufenen Dienstag eine Sonntagsrede gehalten. Sie “forderte die Politik auf, sich stärker der Lösung konkreter Alltagsprobleme zu widmen”. Wäre gar nicht schwer: Mindestlohn erhöhen, Bürgergeld erhöhen, (versprochenes) Klimageld einführen, sozial gebundene Wohnungen anbieten, Fachkräfte für Pflege, Kranke und Kindererziehung anwerben, einstellen und anständig bezahlen. Geld? Ist genug da. So what? Dann lieber Flüchtlinge jagen?

Deutsche Politik kann auch radikal

Meine ersten 5 Lebensjahre wuchs ich in einer sog. Mau-Mau-Siedlung in Gelsenkirchen-Buer-Beckhausen auf. Richtig benannt hiess sie ECA-Siedlung. Ein Reihenhaus kostete 10.000 D-Mark. Wir wohnten im 1. Stock zur Miete, unten die Besitzerfamilie, hinten Garten, vorne raus – faktische – Spielstrasse. Es waren einfach zuviele Kinder (damals = 50er/60er Jahre). Es gab ein Kartenspiel “Mau-Mau”. Und ich ahnte nur, dass es irgendwas mit Afrika zu tun hatte (so wie mein Kinderzimmer, in dem es angeblich oft so aussah “wie bei den Hottentotten”).

Nun wird mir geholfen durch ein Buch im Papyrossa-Verlag. Sein Verleger ging in meiner einstigen Arbeitsstelle (1987-90) in Köln-Zollstock ein und aus. Der Kollege Glenn Jäger ist dort Verlagsgeschäftsführer. Hier gibts für ein paar Tage eine kompakte Buchbesprechung, die in Kürze in einem Paywallarchiv beerdigt wird. Aber das Buch gibt es weiter: Aert van Riel: Der verschwiegene Völkermord. Deutsche Kolonialverbrechen in Ostafrika. PapyRossa Verlag. Köln, 2023. 178 Seiten. 16,90 Euro.

Es ist zum Kotzen. Aber ohne dieses Wissen können Sie jede “feministische” oder “wertegeleitete” Aussenpolitik sofort wieder vergessen.

Frankfurter Schule

Diese Schule hat sich zweifellos grosse Verdienste um deutsche Geschichtsaufarbeitung erworben. Vielleicht von allen am meisten davon. Als zu jung geratener Zeitgenosse fremdelte ich mit ihr. Und zwar exakt wegen dieses Titels von Michel Hesses/FR Buchbesprechung: “Geschichte der Frankfurter Schule – Schwerverständlichkeit als Lustprinzip”. Hier das besprochene Buch “Adornos Erben”. Update nachmittags: und hier eine kurze Aufsatzform des Buchautors in den Blättern.

Näher gebracht hat mir diese Schule erst die in den 90ern begonnene Freundschaft mit einem Adorno-Schüler, dem Fanforscher und Fanaktivisten Dieter Bott, dessen Texte ich gelegentlich die Ehre habe, veröffentlichen zu dürfen. Dieter als Originalschüler fehlt jede Ehrfurcht – wie jedem Schüler, der “zuviel” über seine Schule weiss. Aber gerade dadurch hat er sie mir aufgeschlossen, und mir einen nur schwer erträglichen Ehemann zum Vorschein gebracht. Die “Dialektik der Aufklärung” habe ich erst in den Nullerjahren gelesen – mit wachsender Begeisterung über ihre prophetischen Gaben.

Dieter ist in seinem ganzen Naturell ein Adorno-Prädikatsschüler. Darum hat er nie Karriere gemacht, sondern bekam überall, wo er arbeitete, Ärger. Er wagt den Widerspruch bis zum Lebensende, und landete darum vor seiner Rente in Hartz IV.

Hallo Frau Bas, der Mann hat auch in ihrem Duisburg gearbeitet. Ich war 1997 mit ihm im Wedaustadion, und meine Borussia mit einem faktisch streikenden Effenberg unterlag 2:4 – seitdem ist der Kerl für mich “gestorben”. Die damaligen Sieger spielen heute 4. Liga. Das muss ganz da in der Nähe ihrer Partei sein, Frau Bas.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net