„Wir laufen projekttechnisch dem Anspruch hinterher.” zitierte die FR den leitenden Angestellten der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, Sebastian Kehl. Diese merkwürdige Sprachfigur wurde mittags durch das nicht minder kantige “punktetechnisch” ersetzt und korrigiert. Die korrigierte Ur-Formulierung hat in diesen Zeiten der “Zeitenwende” das Potenzial der Universalität – immer verwendbar auf fast alles.
Was in Dortmund für Depressionen sorgt, hat bei der “wahren Borussia” in Mönchengladbach beinahe Euphorie ausgelöst, obwohl sie ein Pünktchen weniger erspielt hat. Denn wer seine Heimspiele gewinnt, kann nicht absteigen. In der vorigen Saison wäre das mehr als verdient gewesen, und mann wäre in einer weit interessanteren Liga – die ersten 10 nur 4 Punkte auseinander, und immer mehr Stadionzuschauer*innen – gelandet. Nun hat nach 60 Jahren und 37 Sekunden sogar wieder ein Borusse ein Tor gegen Holstein Kiel erzielt. Das letzte von Günter Netzer 1965 sehen Sie hier; 2:4 verloren, aber trotzdem aufgestiegen (u.a. durch ein 7:0 gegen den stärksten Rivalen SSV Reutlingen).
Diese schönen Zeiten kommen nicht wieder. Der Kapitän des Fussballkonzerns aus dem westfälischen Raum, Emre Can, wurde am Wochenende so zitiert: “Ich habe das Gefühl, viele sind einfach mit sich selbst beschäftigt und das darf nicht sein. Mentalität kriegt man nur als Mannschaft zusammen, wenn alle elf Spieler auf dem Platz das Gleiche denken und alle sich nicht zu wichtig nehmen. Diesen Eindruck habe ich ehrlich gesagt nicht gehabt.“ Eine Aussage die projekttechnisch nahezu auf den kompletten Profifussball (der Herren) zutrifft. Und ähnlich auch auf jegliche Teamarbeit in Politik, Kultur, Gesellschaft.
Wie kommichdrauf?
Allergie ziwschen WDR und Mädel?
Es könnte auch nur besonders gelungene Vorab-PR sein. Ein handfester explosiver Konflikt ist allemal interessanter, als eine langweilige Pressestellen-Mitteilung. Die Ehrenfelder bildundtonfabrik hatte der ARD, sowie ihrer ständigen Vertretung in Köln, dem WDR, fabelhafte Kammerspiele mit Anke Engelke und Matthias Brandt zugeliefert. Sie werden immer zu Silvester bzw. kurz davor ausgespielt. Im Sendeschema ist dann Platz, weil fast keine Redaktion in dieser Jahreszeit irgendwas arbeitet.
In diesem Jahr wird nun über die Paywall der SZ ausgespielt, Bjarne Mädel, deutscher Superstar seit “Stromberg” und “Mord mit Aussicht” (nur die ersten drei Staffeln), sei mit eingestiegen, habe sogar Regie geführt, sich dann aber aus dem Abspann wieder streichen lassen. Wenn das nicht erdichtet ist, muss es mal wieder gekracht haben. Denn “Mord mit Aussicht” war nach 2014 nicht mehr fortgesetzt worden (produziert von der Biolek-Firma pro GmbH), weil Bjarne Mädel seine persönlichen Anforderungen an die Qualität nicht mehr als erfüllbar ansah – Sender, Produktion, usw. fühlten sich von ihm allzu sehr genervt. Hat sich das nun wiederholt?
Seit vielen Jahren klagen die, die die Arbeit machen, dass ihnen Planzahlen der Sender für Drehtage und Budget ihre künstlerischen Selbstansprüche nicht mehr erfüllen lassen. Als Zuschauer*innen merken wir das an der Ausbreitung von gleichförmiger Langeweile in Drehbuch, Regie und Schauspieler*innen-Gesichtern.
“Kurzschluss” war dazu in den letzten Jahren eine willkommene leuchtende Ausnahme. Und die Spannung für die diesjährige Ausgabe ist jetzt da.
Die Kunst der Unsichtbarmachung
Während es bei “Kurzschluss” um die Kunst des Auffallens in der Aufmerksamkeitsökonomie geht, ist es in der Politik bisweilen lebenswichtig, nicht gesehen zu werden. Ein besonderes Kunststück dieser Art war dem heutigen NRW-Ministerpräsidenten und zeitweiligen Möchtegernkanzlerkandidaten Hendrik Wüst gelungen. Als 2020 eine umstürzende Autobahn-Lärmschutzwand in Köln eine Frau erschlug, ist er als zuständiger NRW-Landesverkehrsminister nämlich nirgends gesehen worden. Heute hat das Landgericht Köln festgestellt: es ist auch sonst niemand juristisch verantwortlich. Damit sind dann alle fein raus. Und hätte es die arme Frau wieder lebendig gemacht?
Ich erinnere mich dunkel, dass StrassenNRW (mittlerweile aufgegangen in der neugegründeten Autobahn GmbH) seinerzeit – und erst im nachhinein! – eine ganze Menge Lärmschutzwände entdeckte, die ähnliche Mängel aufwiesen. Da ist aber keiner dabeigewesen. Und nicht in der Nähe.
Und politisch war auch keiner verantwortlich. Das wär ja das Neueste …
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