Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Kunst (Seite 4 von 6)

Unter Druck

Wer repräsentiert wen? Hermann Parzinger diskutierte mit Gästen über die Zukunft der Museen
„Tear it down – Reißt es nieder.“ Für die bunte, queere Truppe, die sich vor ein paar Wochen vor dem Neubau des Berliner Schlosses alias Humboldt Forum zum antikolonialistischen Go-In versammelte, war die Sache klar. Dieses Museum soll gar nicht erst eröffnet werden. Eine Papp-Attrappe des christlichen Kreuzes, das seit Kurzem die Kuppel des umstrittenen Baus ziert, landete unter großem Jubel zerbrochen in der Spree.

„De-colonizing“ – die bei solchen Aktionen häufig intonierte Vokabel der Koalition progressiver Kulturarbeiter:innen Weiterlesen

Rätsel der Zeitgenossenschaft

Der Soziologe Heinz Bude wurde als Gründungsdirektor des Kasseler Documenta-Instituts vorgestellt – und präsentierte schwungvolle Visionen.
Insider wussten es schon länger, aber erst vergangene Woche gaben die documenta und die Universität Kassel bekannt, dass der 1954 geborene Heinz Bude, dort seit 2000 Professor für Makrosoziologie, „Gründungsdirektor“ des neuen documenta-Instituts werden soll. Spätestens durch sein Essay zur „Generation Berlin“ ist der Wissenschaftler zu einem der markantesten Intellektuellen Deutschlands geworden. Weiterlesen

Kompensation untersagter Vergemeinschaftung

berlin viral – Soll das Gesundheitsamt sie zwei Jahre lang an Bäume binden?
Schemenhaft nur zu erahnende Gesichter im Halbdunkel, die Augen auf ein fluoreszierendes Display gerichtet, die Kappe tief ins Gesicht gezogen. Wer sich zu Beginn des Coronozäns nicht nur auf nächtliche Spaziergänge machte, traf meist auf personale Konstellationen wie diese. Menschen, die sich in Hauseingänge, Parkecken oder Bushaltestellen drückten, immer auf der Hut vor neugierigen Passanten, Nachbarn oder den zirkulierenden Ordnungskräften. Die Pandemie zwang alle zurück in eine rudimentäre Öffentlichkeit, die mitunter die Form einer filmreifen Proto-Verschwörung annahm. Weiterlesen

Teil eines Kreislaufs

Kunst und Ökologie – Mit seiner Ausstellung „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“ wirbt das Kunsthaus Dresden für ein symbiotisches Verhältnis von Natur und Zivilisation
Hitzewelle in Sibirien; die Insekten in aller Welt sterben aus; der deutsche Wald im Dürre-Stress. Kein Tag vergeht, der uns nicht vor Augen führt, dass das Verhältnis der Zivilisation zur Natur mehr als nur aus den Fugen geraten ist.

Zwar sollen die Deutschen inzwischen nur noch halb so viel Restmüll entsorgen wie 1985, heißt es. Trotzdem scheint alles immer katastrophaler zu werden. Kann da ausgerechnet die friedliebende Kunst einen Ausweg aus dieser tödlichen Mesalliance weisen? Weiterlesen

Türkische Kunst in der Krise

Istanbuler Sammlung der Moderne – Im September soll der Neubau des Mimar-Sinan-Museums eröffnen. Doch wichtige Exponate befinden sich nach wie vor bei Präsident Erdoğan.
Kaum war er zurück, ist er auch schon wieder weg. Als in Istanbul vergangenen Sommer die Nachricht die Runde machte, Vasif Kortun würde neuer Chefkurator des Mimar-Sinan-Museums für Malerei und Skulptur, war die Kunstszene elektrisiert.

Der 1958 geborene Kunsthistoriker bahnte in den 90er Jahren der kritischen türkischen Kunst den Weg und avancierte zum „Power Broker“ dieser Szene. Der Aufstieg Istanbuls zur neuen Kunstmetropole war wesentlich auch sein Verdienst. Weiterlesen

Wie ein Freigang im Gefängnishof

berlin viral
Das Chlor killt ja das Virus. In der Hoffnung hatte ich mich gewiegt, als das Coronozän langsam, aber sicher ausbrach. Die Schwimmbäder würden sie schon nicht so schnell dichtmachen. Bis zur letzten Minute hatte ich mich in die blauen Bahnen gestürzt. Auch wenn ich mich natürlich gefragt hatte, ob ich wirklich jedes Geländer, jede Türklinke, jede Klobrille anfassen kann, wenn ich die menschenleer gewordenen, gekachelten Hallen betrat. Weiterlesen

Lieber Maler, male mir!

Die Bundestagsfraktion der Grünen lud zu einer Diskussion über „Kunst in der Coronakrise“. Gestritten wurde im Internet.
„Hört auf zu malen!“ Als der Maler Jörg Immendorff 1966 seine Zunft aufforderte, die Kunst für den politischen Kampf aufzugeben, sorgte das natürlich für Aufsehen. Es folgte ihm aber niemand.

Über 50 Jahre nach dem militanten Slogan könnte es womöglich doch noch zur Malverweigerung kommen. Weniger, weil der böse Kapitalismus, den Immendorff damals bekämpfen wollte, nun noch böser geworden wäre. Schuld ist diesmal ein besonders böses Virus. Weiterlesen

Wer bestimmt über die Kunst?

Kunst im öffentlichen Raum ist in Bonn offenbar weiterhin einem Verein vorbehalten, dessen Namen bereits bewußt in die Irre führt. Er nennt sich „Stiftung für Kunst und Kultur e.V.“. Vereinsrechtler wird das sogleich auffallen und sie werden sich fragen: Was denn nun? Ein Verein oder eine Stiftung?
Es ist ein Verein der sich Stiftung nennt, bestimmt weil sich das so gut anhört. An der Spitze steht jener Walter Smerling, der im Kunstmuseum Bonn mit der Ausstellung „Zeitwenden“ einen für Bonn sehr nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Weiterlesen

Über den eigenen Schatten springen

Der verhüllte Reichstag bescherte vor genau 25 Jahren den Deutschen einen einzigartigen Moment heiterer Selbstreflexion. Heute müsste man das Experiment eigentlich wiederholen
“Ich schaue mir die Sache nicht an.“ Helmut Kohl blieb standhaft. Schon im Februar 1994, bei der historischen Debatte im Deutschen Bundestag um Christo und Jeanne-Claudes Projekt zur Reichstagverhüllung, war der Kanzler der Einheit auf der Seite der 223 Abgeordneten geblieben, die gegen das Projekt gestimmt hatten.

Gewohnt trotzig blieb der CDU-Politiker seiner Ablehnung treu und übte sich in Wahrnehmungsverweigerung, Weiterlesen

Maske ist mehr Maskerade

berlin viral
Zischende Shisha-Pfeifen, auf dem Trottoir Kunstledersessel zum Sitzkreis gerückt, drumherum drängen sich ein gutes Dutzend junger Männer mit Vollbart und in Trainingsanzügen, in deren Taschen sich große Smartphones abzeichnen. Ich traue meinen Augen nicht, als ich den Platz der Luftbrücke überquere und auf die lange Straße nach Schöneberg einbiege. Von der Quarantäne-Müdigkeit, die sich langsam, aber sicher auf dem Globus breitmachen soll, hatte ich schon gehört. Weiterlesen

Moralischer Mut

Freigesprochen und doch in Haft: Osman Kavala, Förderer der türkischen Zivilgesellschaft. Jetzt setzt sich die Kampagne „Artists United for Osman Kavala“ mit prominenten Unterstützern für seine Freilassung ein
Was hat er denn bloß getan? Die rhetorische Frage wirft auf, wer besonders nachdrücklich sagen will, dass jemand zu Unrecht einer Straftat bezichtigt wird. Die jüngste Solidaritätskampagne für den inhaftierten türkischen Mäzen und Philanthropen Osman Kavala mit diesem Titel zu überschreiben ist mehr als naheliegend. Schließlich haben schon Gerichte in der Türkei festgestellt, dass er sich nichts zuschulden hat kommen lassen. Weiterlesen

Dating mit den Tieren der Stadt

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Schwarz-grau gefleckt, den Kopf leicht nach unten geneigt. Ich war gerade auf dem Weg zum Supermarkt, als ich plötzlich diese Krähe auf dem Dach der parkenden roten Limousine sitzen sah. Krähe, genau. Eines dieser Exemplare aus der Familie der Rabenvögel, die im Hinterhof neuerdings Mülltüten zerlegen. Sie plusterte sich auf, rutschte mit ihren Klauen auf dem spiegelglatten Dach nach vorne. So selbstverständlich, als sei ich derjenige, der sich zu erklären hätte. Weiterlesen

Demokrat der Objekte

Es lag Logik darin, dass Christo mit dem Reichstag-Projekt ein ästhetisches Ende zum Kalten Krieg setzte. Nachruf auf einen komplexen Künstler.
Steif sitzt der damalige Bundestagspräsident und spätere Bundespräsident Karl Carstens in einem Schalensessel. Es ist der 20. Januar 1977 im damaligen Regierungssitz Bonn. Der konservative CDU-Politiker hat die buschigen Augenbrauen hochgezogen. Die Körpersprache, mit der der Deutschnationale sein Gegenüber betrachtet, spricht Bände.

Wild gestikuliert der Künstler Christo, malt imaginäre Größenmaße in die Luft. Er wirbt für sein Reichstag-Projekt. Obwohl privat fasziniert davon, lehnte Carstens es ab. Zwölf Jahre vor dem Mauerfall fürchtete der Scharfmacher gegen die sozialliberale Entspannungspolitik Ärger mit dem Osten. Weiterlesen

Kein New Age, please

Die Lehre aus der Coronakrise ist für Slavoj Žižek nur eine neue Form von Kommunismus
Zeit zum Nachdenken, Chance für die Entschleunigung, bewusster leben. Während der Coronakrise verging kaum ein Tag, an dem nicht die Chancen für einen anderen Lebensstil beschworen wurden, den das Coronavirus – neben den Schrecklichkeiten – doch biete.

Für derlei Ideen hat Slavoj Žižek wenig übrig. Am Schluss seiner jüngsten, gerade in den USA erschienenen Streitschrift verfällt der slowenische Philosoph in den Duktus eines Achtziger-Jahre-Altlinken, der die aufkommende Seuche der „Selbsterfahrung“ als Ablenkung von der harten Pflicht des Klassenkampfs geißelt. Weiterlesen

Dachgärten für alle

Von der dynastischen Lustarchitektur zur demokratischen Hortitecture: Stefan Schweizer und Frank Maier-Solgk zeichnen die Kulturgeschichte der „Hängenden Gärten von Babylon“ nach
„Des Grünen blühende Kraft.“ Schwer zu sagen, ob sich Stefan Boer­ri von Johann Wolfgang von Goethes poetischer Formel für das befreiende Gefühl plötzlich ausbrechenden Frühlings leiten ließ, als er vor sechs Jahren sein „Bosco Verticale“ eröffnete. Zumindest kam der italienische Architekt dem Traum eines Lebens im immerwährenden Grün ziemlich nahe. Weiterlesen

In einem Aquarium voll Aspik

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“Herrlich“, antwortete ich bis vor Kurzem immer, wenn mich Freunde fragten, wie es mir denn so gehe „in diesen Tagen“, und erntete dann meist ein süßsaures Lächeln. Aber ehrlich, kein Zynismus. Als die ersten Bleib-zu-Hause-Orders den Beginn des Corozäns ankündigten, hatte mich das kein bisschen geschreckt. Gut, Ausgangssperre war natürlich eine hässliche Vokabel. Die kannte man eigentlich nur so aus Diktaturen und den Bürgerkriegs-Reportagen im Fernsehen. Ich habe sie mir dann einfach zur Auszeit zurechtgebogen. Weiterlesen

In betrügerischer Absicht

Mit seinem Buch „Kunstfälschung“ hat der Berliner Kunsthistoriker Hubertus Butin das komplexe Zusammenspiel beschrieben, das ein schillerndes Phänomen erst möglich macht
300 gefälschte Bilder und Zeichnungen, ein Betrugsgewinn von rund 50 Millionen Euro und eine Haftstrafe von sechs Jahren. Ein Spur Titanweiß brachte vor genau zehn Jahren den Maler Wolfgang Beltracchi zu Fall. Jahrelang hatte der Künstler Werke der Klassischen Moderne wie solche von Max Ernst gefälscht und zu Fantasiesummen verkauft. Bis ihm Forscher auf die Schliche kamen. Seine Enttarnung galt als der größte Kunstfälscher-Skandal aller Zeiten. Weiterlesen

Fragmente einer Sprache der Warteschlange

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Der alte Mann, der die Straße entlanghumpelt, stoppt vor der Post. Mit zitternder Hand hält er zwei orange gerasterte Zettel in die Höhe. „Ich will doch nur die Überweisung.“ Fassungslos fixiert er die Schlange vor der Stahltreppe hinauf zum Eingang und wendet sich dem jungen Mann mit Migrationshintergrund in gelber Schutzweste zu, der das Geschehen von oben dirigiert. „Nur die Überweisung“ wiederholt er und präsentiert seine Zettel wie Passierscheine. Weiterlesen

Mitternächtliches Sammeln im Coronozän

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Not macht erfinderisch – dass der Satz nicht nur ein blöder Spießerspruch ist, der Bescheidenheit lehren soll, dämmerte mir in irgendeiner Sommernacht, als ich mit Freunden auf der Admiralbrücke saß und ein paar emsigen türkischen Seniorinnen mit Hackenporsche zusah, die leere Flaschen einsammelten, die die ultra­legere Meute ringsherum demonstrativ desinteressiert auf dem Bordsteinpflaster aufreihte. Weiterlesen

Ein Instrument der Freiheit

Gerade linke Theoretiker von Lenin bis Marcuse haben über die oft als bürgerlich verschriene bildende Kunst nachgedacht. Jens Kastner leistet den ersten großen historischen Überblick
„Sind Sie ein Mann der Kunst, Premierminister?“ In der Netflix-Serie „The Crown“ schüttelt Harold Wilson den Kopf, als ihn Königin Elizabeth bei der Eröffnung eines Kunstmuseums zur Rede stellt. „Nein, ich bin Wirtschaftswissenschaftler“, wehrt der Labour-Politiker die Monarchin ab, „da weiß man, was man hat.“

Linke Theorie und Praxis, dafür ließe sich die fiktive Szene heranziehen, steht unter dem Primat der Ökonomie. Kunst gilt da höchstens als Nebensache. Dass sie im linken Denken aber eine wichtige Rolle spielt, zeigt nun der Soziologe und taz-Autor Jens Kastner in seinem neuen Buch. Weiterlesen

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