Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: ZDFneo (Seite 3 von 3)

TV is dead

1 Terrabyte (TB) ist das Speichervolumen eines Weihnachtsgeschenks, das ich dieses Jahr, ich weiss gar nicht mehr von wem, bekommen habe. Es ist wenig grösser als ein Spekulatius. Und darauf gespeichert sind, selbstverständlich nur für streng privaten Gebrauch, so ziemlich alle relevanten US-Serien, egal von welchem Streaminganbieter. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, einen von denen zu abonnieren, schon weil ich mein ganzes Datengold behalten, und nicht diesen Milliardären spenden will. Insofern entgeht denen auch kein Geschäft. Und ich lebe sowieso nicht mehr so lange, um das alles gucken zu können.
Wenn es also so einfach ist, an künstlerisch und handwerklich gut gearbeitete Filme mit exzellenten Schauspieler*inne*n zu kommen, wer braucht dann noch deutsches Fernsehen? Weiterlesen

Wir und der Islam – hauptsache keine Ahnung

Nachdem der mediengeile Bezirksbürgermeister, dessen Namen ich zum Glück schon vergessen habe, endlich in Rente gegangen ist, gewinnt der Berliner Stadtteil Neukölln an Relevanz in meiner Wahrnehmung. Nicht nur, weil ich dort vorige Woche in einem Anti-Jens-Spahn-Restaurant, wo also kein Wort deutsch gesprochen wurde, exzellent gegessen habe. Bei ZDFneo läuft aktuell eine extrem sehenswerte in Neukölln angesiedelte Krimiserie. Und eine Bezirksabgeordnete, Marina Reichenbach, wechselte mit Mandat von der Linkspartei zur SPD. Mandatsmitnahme ist immer anrüchig, ihre im Jungle-World-Interview vorgebrachten politischen Argumente kann ich jedoch nachvollziehen. Sie deuten auf ein auch von mir oft wahrgenommenes Desinteresse auch solcher Menschen hin, die vorgeben Solidarität zu üben – im genannten Fall mit Muslimen – aber nur auf der symbolischen Oberfläche bleiben – dumme Kerls und nützliche Idiot*inn*en. Politik ist was Anderes.

In der gleichen Jungle World findet sich ein Interview mit dem ägyptischen Buchautor Youssef Rakha, über arabische Pornos. Es zeigt erneut, dass wir mit unseren Gedanken- und Bilderwelten, unseren Klischees im Kopf, absolut nichts verstehen.

Was machen “wir”, bzw. unsere demokratisch gewählten Politiker*innen: Geschäfte, hier z.B. Monsieur Macron mit Katar. Einst hatte Omar Bongo, Staatschef des Zwergstaates Gabun, die politische Klasse Frankreichs auf seiner Paylist. In den arabischen Feudaldiktaturen und im Iran ist allerdings viel mehr zu holen als in Gabun, auch für unsere Deutschen Repräsentant*inn*en.

Wir dagegen wollen doofgehalten werden und sind zufrieden damit, meint der Wissenschaftler Oliver Decker im Gespräch mit Marcus Klöckner auf Telepolis.

Stefan Niggemeier hat auf uebermedien wieder ein schönes Beispiel dafür: wieder ist es Neukölln.

274. Tag U-Haft – Deniz Yücel

Erst gestern schaute ich mir die jüngste Ausgabe des “Neo Magazin Royale” von ZDFneo an. Während sonst das Interview am Schluss auch der langweiligste Teil der Sendung ist, war es dieses Mal andersrum. Mely Kiyak, Extradienst-Gastautorin (mit freundlicher Hilfe der Otto-Brenner-Stiftung) erinnerte an den immer noch, und bisher ohne Anklageerhebung, in türkischer Untersuchungshaft sitzenden Deniz Yücel, einer von 160 inhaftierten Journalist*inn*en, und einer von 200.000 Knastinsassen, eine Verdreifachung in kurzer Zeit.
Ansehen, anhören – und nicht vergessen!

ZDF – das neue Erste?

Schon seit längerem führt das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), allenfalls bedrängt von der Summe der Dritten, die deutsche Einschaltquotentabelle an. Wenn es einen Staatssender gibt, dann ist es dieser. Das Bundesverfassungsgericht musste immer wieder eingreifen, um die grundgesetzlich vorgeschriebene Staatsferne bei der Zusammensetzung seiner Aufsichtsgremien durchzusetzen. Die öffentlich-rechtliche Konkurrenz von der ARD profitiert von und leidet unter dem Föderalismus. Sie setzt sich aus 9 Anstalten zusammen, sogar die Zwergstaaten Bremen und Saarland haben immer noch eigene. Während Bremen früher durch kreative Programminnovationen glänzte, erinnert sei an das Interviewergespann Christian Berg und Michael Geyer oder an die Frühzeit der Talkshow “III nach neun“, können sich die meisten Zuschauergenerationen daran schon nicht mehr erinnern. Das Saarland hatte früher mit Jochen Senf zumindest einen skurril-originellen Tatort-Kommissar (der Gourmet mit dem Rennrad), kennt heute auch keine*r mehr.

Trotz komplizierter Aufsichtsstruktur dürfte also das ZDF die kürzeren anstaltsinternen Entscheidungswege haben. Und während wir es in der alten BRD-Zeit noch als “CDF” bezeichneten, also als Verschmelzung von Kohl-CDU und Fernsehen, haben sich auch diese Unterschiede abgeschliffen. Weiterlesen

Deutschlandfunk kürzt Europa

Ein richtiges Signal? In dieser Zeit? Sicher nicht. Der Deutschlandfunk kürzt seine Europaberichterstattung. Das werktägliche Magazin “Europa heute” (Mo.-Fr. 9.10 h) sendet in Zukunft Schnipsel des samstags um 11.05 h gesendeten einstündigen und monothematischen Reportageformats “Gesichter Europas“. D.h. die Reportagen in “Europa heute” werden um rund ein Drittel gekürzt. Das ist bedauerlich, weil die Qualität beider Sendungen in der Regel über dem Durchschnitt dieses Senders, und sowieso sonstiger Radioangebote lag. Es ist eine Folge der penetranten Spardiskussionen um die öffentlich-rechtlichen Sender, die in der Regel zur Folge haben, dass nicht oben sondern unten gespart wird: bei freien Mitarbeiter*inne*n und natürlich bei uns, dem Publikum. Wir zahlen, haben aber keine Kontrolle. Die Politiker*innen in den Aufsichtsgremien stört es selbstverständlich nicht, wenn wir weniger über die Folgen von Schäubles Austeritätsdiktaten in Europa erfahren. Über die Kommunalwahlen in Portugal wurde bereits – nicht berichtet.

Es gibt auch gute Mediennachrichten.
Auf ZDFneo läuft aktuell die beste TV-Krimireihe. Es ist nicht mehr überraschend, dass sie dänisch ist: “Countdown Copenhagen“. Was passiert bei Terrorismus-Krisenlagen, abseits der offiziellen Verlautbarungen?
Auf Cosmo gings heute morgen um Magermodels. Sicher, viel Gelaber. Aber besser, es wird drüber gesprochen als geschwiegen. Leider finde ich auf der Senderhomepage die Wortbeiträge nicht wieder. Bin ich zu blöd? Zu alt? Oder der Sender?

>em>Update abendsIn der deutschen Synchronisation von “Countdown Copenhagen” fällt auf, dass die dänischen Polizist*inn*en ihre*n Geheimpolizei/Geheimdienst (so die korrekte Übersetzung) “Verfassungsschutz” nennen. Schlechter Scherz. Um solchen Missverständnissen vorzubeugen sollten wir uns vielleicht hierzulande die Bezeichnung “Bundesamt” angewöhnen.

Extradienst-Gastautor morgen im ARD-Presseclub

Extradienst-Gastautor Andreas Zumach ist morgen um 12 h Teilnehmer des ARD-Presseclubs zum Thema Nordkorea und USA; mit dabei auch die ehemalige taz-Chefin Ines Pohl. Für Zumach immer eine günstige Gelegenheit, seine Mutter Hildegard zu besuchen. Sie war langjährige Vorsitzende der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland, mit der seinerzeit die westdeutsche Anti-Apartheid-Bewegung fruchtbar und erfolgreich zusammenarbeitete.
Unfassbar im Vergleich zum Presseclub das Gäste-Casting von Anne Will: nur Parteileute, aber keine Oppositionspartei des Bundestages, nur Rechte – jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Ankündigung. Da empfehle ich als emanzipatorischere und unterhaltsamere Alternative die britische pharmaindustriekritische London-Krimireihe “New Blood“, morgen 22 h im ZDF.
Wem das noch nicht gut genug ist, der/die sollte 25 Stunden später eine Vergleichsverkostung mit “No Offence” auf ZDFneo wagen. Keine Held*inn*en, keine Models, aber die toughesten Mädels, die ich seit sehr langer Zeit in der Glotze gesehen habe. Das ist derzeit das Beste, was in der Krimininflation im deutschen Fernsehen zu finden ist. Und das ist britisch, very british.

1a-Brit-Krimis auf ZDFneo

Bastian Pastewka startete bei uebermedien.de – mittlerweile paywalllfrei gestellt – eine kleine Serie “Hat sowieso keiner gesehen ausser ich” und besprach dazu die britische TV-Krimiserie “Line of Duty“, heute nacht 0.45 h. Und ja, ich gebe ihm in allen Punkten Recht, will nur ergänzen: in deutscher Krimiware sind selten so starke Frauen zu sehen, wie im UK. Das gilt noch mehr für die am kommenden Montag, 23.15 h auf dem gleichen Sender beginnende Wiederholung von “No Offence” (bisher kein geeigneter Link auf der ZDF-Website).
Mit einer Mediathek-Präsenz dieser Krimifolgen ist nicht zu rechnen. Für das ZDF ist das eingekaufte Lizenzware, und da wird, wie üblich bei unseren öffentlich-rechtlichen Sendern, immer am falschen Ende gespart, an den Senderechten im Internet. Einzige Rettung: Videorecorder vorprogrammieren!

Reinecke / Marl / Tschirner

Seit langem schätze ich die Lektüre der taz-Beiträge von Stefan Reinecke. Besonders gelungen: sein aktuelles Stück zum Antisemitismus und Antizionismus der Linken und derjenigen, die das zu bekämpfen vorgeben. Binäres Denken ist eben keine besondere Macke blöder “Amerikaner”, sondern hierzulande mindestens ebenso verbreitet.

Andreas Rossmann liebt aus sicherer Kölner Distanz seit Jahrzehnten das Ruhrgebiet. Eine seiner ganz besonderen Städte ist an seinem Nordrand die sogenannte Stadt Marl, die, man fasst es nicht, mit bildender Kunst auf sich aufmerksam zu machen weiss. Den großartigsten Film über Marl hat vor wenigen Jahren (2014) Dominik Graf gemacht.

Nora Tschirner hat mir lange absolut nichts gesagt. Mit Till Schweiger (oder gar Oliver Pocher) Filme drehen, oje, oje. Dann sah ich sie vor einiger Zeit (2016) bei “Schulz & Böhmermann” (ZDFneo) und kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Einen so coolen Geradeaus-Auftritt, uneitel und durchdacht, hatte ich nicht erwartet. Im Kampf mit ihrem Körper scheint sie weiter als viele andere Frauen meiner persönlichen Umgebung gekommen zu sein. Sie hat dazu die Kino-/DVD-Doku “Embrace” mitproduziert und dazu bei Spiegel-online ein hochpolitisches, im besten Sinne feministisches PR-Interview abgeliefert. Ich ziehe meinen Hut, mehr davon!

So versauen Sie sich das Fest + Bingewatching-Tipp

Nichts kann die Weihnachtsstimmung besser versauen, als das Eindringen der Wirklichkeit.
Der Stoff dafür wird knapp. Nicht nur TV- und Zeitungsredaktionen flüchten sich in teilweise monatelange “Weihnachtspausen”, selbst viele Onlinemagazine machen zu. Wenn Sie die Feiertagsseiten mancher journalistischer Schichtarbeiter*innen verfolgen, werden Sie damit Ihre Zeit auch nicht rumkriegen und doch mit Ihren Familienmitgliedern sprechen müssen.
Hier noch ein paar erste Hinweise zum Zeitvertreiben:
Verschwörungstheorien, ganz offiziell von Regierungen in der Türkei (FAZ) und den USA (nachdenkseiten) verbreitet – Sie wissen ja, nicht alles glauben, was in der Zeitung steht, im Fernsehen kommt, irgendwo im Internet war.
Natur und Ökologie sind nicht das Gleiche, denken Sie da mal dran beim Spaziergang in Ihrer menschengemachten Umgebung. (Cord Riechelmann, Jungle World).
Da unsere Journalist*inn*en und Auslandskorrespondent*inn*en über die christlichen Feiertage alle keine Zeit zum Arbeiten haben, kann der wahabitische Feudalstaat Saudi-Arabien, unsere besten Freunde im Islam, wieder eine Menge erledigen, ohne dass wir was mitbekommen. Wenn überhaupt über seine Politik in der heutigen multipolaren Welt berichtet wird. Dort werden Terroristen z.B., wie jüngst auch der Mörder des russischen Botschafters in der Türkei, in der Regel direkt vom SEK erschossen, ohne kostspielige Verhaftungen und Gerichtsprozesse; Vorteil: dann können umständliche Verhöre auch nichts mehr zur Aufklärung des Tathintergrunds beitragen. Wie wird das wohl mit dem tunesischen Tatverdächtigen aus Berlin ausgehen?
Und dann noch was über Männer: es bleibt wirklich fast gar nichts mehr vor diesen Feministinnen verborgen – jetzt dürfen sie sogar schon in der FAZ schreiben, ein Beweis, dass der Weltuntergang jetzt ganz nah ist.

Und hier der Bingewatching-Tipp für die Feiertage: Weiterlesen

Böhmermann

Für keinen Marketing-Trick zu fies. ZDFneo strahlte gestern eine “falsche” Folge von Jan Böhmermanns “neomagazin royale” aus, damit wir die “richtige” alle Anklicken. Bitte schön. Ladies Vorsicht: es kommt zu langanhaltenden expliziten Aufführungen von Sexismus.
Heute Nacht 0 Uhr soll die Sendung im ZDF-Hauptprogramm wiederholt werden. Aber welche?

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