Nach dem Gipfel in Helsinki steht Donald Trump in der Kritik. Putin gegenüber demütigte er die CIA – eine Todsünde für einen US-Präsidenten.

Die gemeinsame Pressekonferenz von US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin könnte den Gang der Geschichte verändern. Nicht wegen der dort verkündeten Ergebnisse des ersten Gipfeltreffens – die waren mager. Sondern, weil vieles dafür spricht, dass diese Pressekonferenz später einmal als der Anfang vom Ende der Präsidentschaft Trump bezeichnet werden wird.

Im Guten wie im Schlechten werden PolitikerInnen im kollektiven Bewusstsein oft auf einen markanten Satz oder eine herausragende Geste reduziert. Donald Trump hat einen solchen Satz bisher nicht gesagt, eine solche Geste nicht gezeigt. Nichts stach aus der Fülle der Äußerungen und Handlungen heraus, die von seiner Fangemeinde bejubelt und von seinen Gegnern als absurd gegeißelt wurden. Das dürfte sich in Helsinki geändert haben.

„Bizarr“ war das Wort, das in ersten Reaktionen innerhalb der USA besonders häufig fiel. Die Kritik am Auftritt des Präsidenten fiel vernichtend aus – und zwar parteiübergreifend. Sogar der rechtsgerichtete Fernsehsender Fox News, der bisher noch jede Volte von Trump solidarisch begleitete, ging auf Distanz.

Kein Wunder: Ein Staatsoberhaupt, das im Ausland öffentlich Misstrauen gegenüber den Institutionen des eigenen Landes erkennen lässt, hätte nach seiner Heimkehr überall auf der Welt ein Problem. Aber in den USA ist Selbstkritik besonders unpopulär – und für keine Gruppe gilt das so sehr wie für nationalistische, rechte Kreise. Also für diejenigen, die Trump gewählt haben.

Staatsmännisch oder konzeptlos?

Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet er, der stets ein feines Gespür für die Stimmungslage seiner Anhänger bewiesen hat, die Todsünde begangen hat, die Vereinigten Staaten, genauer: seine Geheimdienste, öffentlich zu demütigen. Über seine Motive zu spekulieren, ist müßig. Aber könnte es nicht vielleicht sein, dass Trump – aller Kritik zum Trotz – staatsmännisches Verhalten bewiesen und dem Frieden gedient hat?

Nein. Das Gespräch über alle Interessengegensätze hinweg zu suchen und Fehler in der eigenen Politik einzuräumen, zeugt zwar von Größe. Allerdings nur dann, wenn diesem Kurs ein Konzept zugrunde liegt und eine innenpolitische Diskussion den Weg dafür bereitet hat.

Von beidem kann im Hinblick auf das Gipfeltreffen in Helsinki keine Rede sein. Wladimir Putin dürfte ein Konzept haben. Nichts deutet darauf hin, dass dies auch für Donald Trump gilt.

Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.

Über Bettina Gaus:

Bettina Gauss ( † ) war politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Ihre Beiträge sind Übernahmen von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.