Obelix ist durchaus zuzustimmen, wenn man das Wahlergebnis vom Wochenende in Griechenland betrachtet. Die korrupte Nea Demokratia, die das Land vor fünf Jahren zu Grunde gerichtet, die EU zuvor mit falschen Zahlen betrogen hat, wurde damals durch die radikaldemokratische Syriza abgelöst. Was mussten sich der Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Varoufakis alles anhören: Wie verrückt sie seien, wie weltfremd, weil sie zwar bereit waren, Reformen durchzuführen aber nicht müde wurden zu betonen, dass die von der EU geforderten “Reformen” soziale Ungerechtigkeiten und Schieflagen erzeugten. Keine Chance: Die EU-Bürokratie hat ihnen Knebelverträge und Auflagen aufgezwungen, die eine Politikwissenschaftlerin gestern im Deutschlandfunk mit ..”Das Programm wurde ihnen diktiert und es wurde ihnen in den Hals gesteckt…” beschrieb.
Syriza hat alles abgearbeitet und ein marodes, Staatswesen umgekrempelt und mit tiefen Einschnitten saniert und vor allem die Korruption bekämpft. Renten als einzige Existenzsicherung – es gibt in Griechenland keine Sozialhilfe – wurden drastisch gesenkt und Tsipras hat mit seinem Charisma die Menschen überzeugt, Opfer zu bringen, um neue Hoffnung zu schöpfen. Er hat Griechenland ehrlich gemacht und viel erreicht. Gedankt worden ist es ihm nicht – der neue Ministerpräsident Mitsotakis stammt aus einer der alten politischen Oligarchien wie die Papandreous oder Karamanlis’ und wurde gewählt, weil er Versprechungen gemacht hat, die er vermutlich nicht wird halten können. Die neue konservative Regierung Griechenlands macht genau das, wofür ihre Vorgängerin von der gesammelten EU an den Pranger gestellt und abgestraft wurde.
Mitsotakis will die Steuern senken – die Körperschaftssteuer auf 20%, die Immobiliensteuer und andere Steuern – also die Wohlhabenden werden profitieren, die Armen werden sich selbst überlassen. Erinnern wir uns: Hauptproblem der griechischen Verwaltung unter Syriza war, dass es eine Verwaltung, die fällige Steuern erhebt und wirklich eintreibt, überhaupt nicht gab. Neben den Steuersenkungen will die neue Regierung nun einen “schlanken Staat” und Bürokratie abbauen – also genau das abbauen, was unter Tsipras z.T. mit Unterstützung der EU mühsam aufgebaut wurde. Außerdem will er Löhne erhöhen und Investitionen fördern – also mehr ausgeben und weniger einnehmen.
Wenn Tsipras in der Vergangenheit vorschlug, zu investieren, weil innovative Arbeitsplätze fehlten, fielen EU-Bürokratie, die Kanzlerin und ihr Finanzminister und die Öffentlichkeit stante pede über die griechische Regierung her. Kaum ist ein “Konservativer” an der Macht, kann er – ohne in der Öffentlichkeit behelligt zu werden – genau die politischen Schritte ankündigen und umsetzen, wegen derer die linke Vorgängerregierung gescholten, diffamiert und ausgegrenzt wurde. Der Fall Griechenland macht deutlich, wie einseitig, sozial unausgewogen und ideologisch von Neoliberalismus geprägt die EU-Bürokratie und ihre politischen Institutionen vorgehen. Das wäre zulässig, wenn es eine europäische Verfassung, ein souveränes Parlament, ein politisches Mandat und eine Europäische Regierung gäbe. Das ist aber nicht der Fall und deshalb beinhaltet der Umgang der EU-Kommission und der Bürokratie gegenüber der Syriza-Regierung in Griechenland eine illegitime politische Beeinflussung und ist im Grunde ein demokratischer Skandal.
Die rechtsradikale “Morgenröte” haben die Griech*inn*en aus ihrem Parlament entfernt (unter der 3%-Hürde). Parteien “links von der” Nea Demokratia kamen in der Summe auf 47%. Das schaffen wir in Deutschland bisher so nicht, wie die “spinnenden” Griech*inn*en.